Freitag, 14. Juni 2013


Abt. Familienbefragung BS - heute: Ausziehen!


Was folgt, ist die etwas saloppe Zusammenfassung des Inhalts der baselstädtischen Familienbefragung, wie sie dieser Tage und Wochen läuft mit 83 Fragen auf 32 Seiten.

(Satiremodus ein)

Hey, Achtung, das ist was ganz Offizielles! Hier spricht Dein Regierungspräsident!

Du hast die Arschkarte gezogen und bist unter den 5'000 zufällig ausgewählten Haushalten, die diesen Brief bekommen. Es folgen jetzt dann gleich gefühlte 999 Fragen an Dich. Wir tun das alle 4 Jahre. Haben wir beschlossen. Hilft uns. Aber ist ok, ist total anonym. Ich schwör! Hey, mach doch mit! Hilft echt solchen wie Du!

Also, hier was wir wissen wollen:

An welcher Strasse wohnst Du? Wie lautet Deine Postleitzahl? Wie alt bist? Und Deine Alte / Dein Alter? Wo kommst eigentlich her? Wie lange biste schon inne Schweiz? Wie lange wohnst schon da? Wie gross ist die Wohnung? Bist Du dort zur Miete oder was? Zu wievielt haust ihr dort? Die Oma auch? Und was fürne Sprache sprecht ihr überhaupt? Bist eigentlich verheiratet oder was? Oder hast wenigsten 'n festen Freund oder 'ne Freundin? Und lebt wo? Auch bei Dir? Oder?

Nee, ist echt alles total anonym! Dich rausfinden? Geht echt nich! Echt!

Was isses für ein Haus, wo ihr drin seid? Und wie sieht's da aus? Willst dort bleiben? Oder wohin umziehen? Und warum eigentlich? Passt's Deinen Blagen, wenn de welche hast, dort? Was passt Dir nicht an Deinem Quartier? Wie weit hast's bis zur Apotheke? Hast eigentlich Schulabschluss? Was für einen? Hast'n Job? Was für einen? Und Deine Alte / Deine Alter? Wieviel arbeitet ihr zwei eigentlich? Und wo so? Erzähl mal von Deinen Blagen! Was können die so? Und was machst mit denen so? Und wie lange lässt die auf der Strasse? Und wie oft gehn's inne Disco? In'n Kochkurs? Und mit'm kleinsten von die Blagen, was machst da so? Was habt's ihr für Technik-Zeugs daheim rumstehen? Was bekommt der Nachwuchs für Kohle? Wieviele Karren habt's ihr? Kennst Mobility? Was meinst zur Schule ganz allgemein? Und wie isses so mit den Lehrern? Wo versorgst die Kids tagsüber? Und warum eigentlich? Und was is, wenn's krank sind? Und inne Ferien? Und was tut Deine Alte / Dein Alter mit'n Kindern so? Passt Dir das? Bist eigentlich überhaupt gerne Mutter / Vater? Ist ziemlich anders, als ihr euch das vor der Geburt vorgestellt habt, nicht? Und wenn's Dir Scheisse geht, hast sicher niemand, oder? Wie häufig geht's Dir eigentlich Scheisse? Habt ihr überhaupt genug Kohle für das alles? Auch schon mal an Kredit aufnehmen gedacht, hä!?!

Wieviel Kohle habt ihr überhaupt pro Monat so? 15'000 oder doch weniger?

Kriegt ihr Sozialhilfe?

Was wollt'st sonst noch sagen?

Das war's auch schon! Und, hat doch gar nicht weh getan! Jetzt schick mir das! Mitte nächstes Jahr gibt's dann irgend ne Auswertung irgendwo.

Tschüssi!

Dein Regierungspräsi

(Satiremodus aus)

Das ist der Begleitbrief zur Familienbefragung (application/download, 33 KB) in Basel-Stadt im Original, das ist der Fragebogen der Familienbefragung (application/download, 280 KB) im Original. Die Dokumente wurden Ende April an 5'000 Haushalte verschickt in Basel-Stadt und uns freundlicherweise heute Freitag auf Anfrage sofort zur Verfügung gestellt vom Statistischen Amt. Dieser Tage gehen die ersten Mahnung an jene raus, die - schämt euch! - noch nicht geantwortet haben.

Das einzige Medium, das die Umfrage erwähnte: 20 Minuten in 20 Sekunden. Mit einer Zusammenfassung des regierungsrätlichen Communiquès in drei dürren Sätzen:

Dabei hätt die Umfrage wahrlich mehr Beachtung verdient!

Der Fragebogen reizt Artikel 10 IDG bis an die Grenze des Erträglichen aus - eigentlich geht er weit darüber hinaus! Ist der Artikel tatsächlich gedacht als Freipass für solch umfassende, breite, thematisch ins Absurde ausufernde, intime, durch ihren Detailierungsgrad nur pseudo-anonyme Befragungen der Regierten? Artikel 10 lautet:

§ 10. Voraussetzungen für das Bearbeiten von Personendaten zu einem nicht personenbezogenen Zweck 1 Ein öffentliches Organ darf Personendaten zu einem nicht personenbezogenen Zweck, namentlich für Statistik, Planung, Wissenschaft oder Forschung, bearbeiten, wenn es a) diese Daten nicht mehr für einen personenbezogenen Zweck verwendet oder weitergibt und b) diese Daten anonymisiert oder pseudonymisiert, sobald es der Bearbeitungszweck erlaubt, und c) die Ergebnisse der Bearbeitung nur so bekannt gibt, dass keine Rückschlüsse auf betroffene Personen möglich sind.
Die Umfrageunterlagen verletzen ziemlich eklatant Art. 15, Abs.2:
Werden Personendaten systematisch, namentlich mit Fragebogen oder Onlineerfassungen, erhoben, so müssen Rechtsgrundlage und Zweck der Bearbeitung angegeben sein.
Der Zweck wird zwar summarisch ganz vage umrissen ("Anhaltspunkte für Planung und Steuerung der Familienpolitik"), aber es fehlt jegliche transparente Angabe, wer wie wozu Zugriff hat auf die höchst privaten Daten. Und was konkret mit den eingegangenen Fragebogen geschieht.

Nirgends ist deklariert, was die eigentliche Rechtsgrundlage ist für die Umfrage. "Die Regierung hat beschlossen"? Reicht nicht! Das ist keine Rechtsgrundlage!

"Die Teilnahme ist freiwillig" fehlt!

Das ist besonders stossend: Es wird schlicht nirgends erwähnt, dass die Teilnahme FREIWILLIG ist! FREIWILLIG! Das nicht zu erwähnen, sondern zu meinen, mit einem "Ich bitte Sie, an der Befragung teilzunehmen..." aus der Feder des Regierungspräsidenten sei es getan, ist die Haltung derer, die vielleicht gerade noch knapp dumpf ahnen, dass sie eigentlich zu tief im Privatleben der Bürgerinnen und Bürger schnüffeln. Ihr obrigkeitlicher, gieriger Voyeurismus verstellt ihnen aber den Blick dafür, dass dessen Objekte ein Recht auf Aussageverweigerung und auf die Aufklärung darüber besitzen.

Was wohl der "Informations- und Datenschutzbeauftragte" zu sowas meint? Ob der konsultiert wurde bei der Erstellung dieser regierungspräsidialen Aufforderung sich nackt auszuziehen? Wir werden's rausfinden.

Die Familienbefragung 2013 ist in der Dreistigkeit nochmals eine Steigerung der damals schon unerträglich übergriffigen Jugendbefragung 2009 (Resultate hier), deren Wiederholung die Regierung für dieses Jahr hier im letzten Satz bereits angedroht hat.


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