Donnerstag, 1. Mai 2014


Abt. Mikropolitik - heute: Kasernenateliers


Bischoff und Kessler schmeissen die folgenden, renommierten Künstlerinnen und Künstler der Ateliergenossenschaft Kaserne aus ihren Ateliers auf die Strasse:

Carlo Aloe, Peter Baer, Peter Brubacher, Corsin Fontana, Lina Furlenmeier, Bruno Gasser, René Louis Gautschi, Rolf Gautschi, Karl Glatt, Bettina Grossenbacher, Serge Hasenböhler, Urs Hauser, Regula Huegli, Nicolas Jaques, Markus Kaufmann, Lenz Klotz, Noori Lee, Lehmann-Christen, Werner Merkofer, Barbara M. Meyer, Werner v. Mutzenbecher, Pierre Raetz, Marius Rappo, Hans Rémond, Werner Ritter, Agat Schaltenbrand, René Schlittler, Bruno Seitz, Alex Silber, Aldo Solari, Christina Spoerri, Paul Stebler, Beatrice Steudler, Eduard Stöcklin, Gilbert Uebersax, Jean Villard
Das verkündeten die zwei an einer Medienkonferenz (Christoph Meury applaudiert).

Die versammelte Journaille berichtet brav. Einzig das Regionaljournal und (NACHTRAG auf Hinweis) TeleBasel (hier ab 08:08) befragten jemanden von den Betroffenen dazu. Die anderen (TaWo, BaZ, bz [SDA]) halten sich nicht an diese journalistische Grundregel und plappern nur mehr oder weniger kritik- und gedankenlos nach, was die beiden Funktionäre ihnen in den Notizblock diktierten.

Dabei springt einem der Konflikt, der darzustellen wär, sozusagen ins Gesicht, wenn der Kanton eine Massenkündigung bekannt gibt und niemand der Betroffenen mit am Tisch sitzt.

Bisher bringen die Ateliers dem Staat knapp 50'000.- pro Jahr. Künftig will Bischof den Kunstschaffenden gut 200'000.- (ohne Nebenkosten) aus der Tasche ziehen.

Die Selbstverwaltung der Künstler_innen, eine fortschrittliche Errungenschaft, wird ebenfalls exekutiert. Ein externes Vergabegremium soll künftig die Räume für maximal 5 Jahre an Bewerber_innen zuteilen.

So nicht! Die Künstler_innen bleiben!

Die Ateliers in der Kasernenkirche, die darin arbeitenden Künstler_innen und ihr Milieu sind Teil des Kulturlebens von Basel. Vielleicht ein sperriger. Vielleicht ein schwer zugänglicher. Vielleicht ein widerspenstiger. So what?

Aber vermutlich gerade darum betreiben Bischof und Kessler ihr mutwilliges Zerstörungswerk. Sie vernichten diese Situation. Sie zerbrechen in langen Jahren gewachsene Strukturen und Beziehungen. Sie zerschlagen ein künstlerisches Produktionsumfeld.

Ökonomismus und kapitalistische Marktlogik sind ihre Argumente.

Natürlich ist die Kasernenkirche auch ein seit 50 Jahren bestehendes Künstler_innen-Biotop. Und gerade drum gehört es geschützt und gefördert, nicht plattgewalzt. Überall sonst auf der Welt würde so ein Ort wertgeschätzt. In Basel wird er von ein paar nassforschen, neoliberal imprägnierten Kulturverwaltern niedergebrannt.

Demnächst zieht sich die Pharmaindustrie grossräumig aus dem Klybeckgebiet zurück. Zehntausende von Quadratmentern in Fabrikationshallen etc. werden in absehbarer Zeit auf eine neue Verwendung warten. Es kann sehr gut sein, dass in wenigen Jahren in Basel Atelierraum "en masse" zu Dumpingpreisen vorhanden sein wird. Jetzt noch rasch die Mutter aller Atelierhäuser in Basel zu zerschlagen, zeugt vor diesem Hintergrund von Uninformiertheit, eindimensionalem, kurzatmigem Denken.

Mit der Massenkündigung im gleichen Atemzug von "Chancengleichheit" und "Fördermassnahme" zu sprechen, wie es Bischof und Kessler tun, ist nur zynisch!

Wer hat ihnen eigentlich den Auftrag erteilt? Was legitimiert Bischof und Kessler zu ihrem Kahlschlag? Existiert ein Beschluss von Regierung oder Parlament, der sie losschickt, die - nennen wir sie ruhig so! - Künstlerkolonie Ateliergenossenschaft zu zerstören? Nein, gibt es nicht!

Niemand hat bei ihnen eine neue "Atelierpolitik" (Wortwahl Bischof) bestellt!

Wenn's in Basel zu wenig günstige Ateliers gibt, dann ist die ungefragt abgelieferte Antwort der Verwaltung offenbar:

  • 3/4 der in öffentlichen Liegenschaften existierenden günstigen Ateliers um einen Faktor 4 verteuern
  • die seit vielen Jahren dort arbeitenden Künstler_innen auf die Strasse stellen

Was Bischof für die passende Antwort hält, ist die um 180 Grad verkehrte! Vom Kopf auf die Füsse gestellt muss sie lauten:

  • Die Quadratmeterpreise in der Klingentalkirche bleiben auf dem aktuellen Stand!
  • Niemand dort erhält die Kündigung!
  • Die Selbstverwaltung der Ateliergenossenschaft wird respektiert und beibehalten!
  • Die 2% Zinsen aus dem 85 Millionen Darlehen des Kantons an die MCH Messe Schweiz (1,7 Mio pro Jahr) werden künftig jährlich zweckgebunden in einen Kunstraumfonds einbezahlt. Daraus beschafft Immobilien Basel-Stadt (IBS) Räume durch Zukauf oder Zumiete, die an Künstler_innen weitergegeben werden. Als Richtgrösse für den von den Mieter_innen zu bezahlenden Quadratmeterpreis gilt jener der Ateliergenossenschaft in der Klingentalkirche!
  • Die Räume des Kunstraumfonds müssen von den Künstler_innen selbstverwaltet organisiert werden!
  • Privilegien für alle! Das Geld ist vorhanden! Es muss nur korrekt verteilt werden!

Warum Geld von der MCH umleiten? Zum Beispiel darum: Weil derselbe Bischof, der jetzt 33 Künstler_innen auf die Strasse stellt, um künftig mehr Geld aus den handverlesenen Nachmieter_innen zu pressen, erst unlängst das Gesuch der über 30 Millionen Franken Überschuss produzierenden MCH Messe Schweiz auf Geld aus dem Lotteriefonds unterstütze, wonach die Regierung - sich auf Bischofs positive Beurteilung berufend - verordnungswidrig, der MCH-Tochter Art Basel 100'000.- nachwarf.

Und z.B. darum: Die Messe Schweiz (zu 33% im Eigentum von Basel-Stadt, zu 59% in der Hand von Privaten, siehe JB'13, S. 48) spart jeden Monat (!) 100'000.- Zinsen, weil ihr Basel-Stadt und Baselland zusammen ein 60 Millionen Darlehen ZINSLOS gewähren, schreibt MCH in ihrem Finanzbericht 2012 (application/pdf, 921 KB) auf Seite 92. Wer einem privaten, u.a. mit einer Kunstmesse Millionengewinne erzielenden, kommerziellen Betrieb monatlich 50'000.- schenkt (Anteil BS an zinslosem Darlehen), hat jede Legitimation für Aktionen wie die von Bischof und Kessler angekündigte verloren.

Am 15. Mai 2014, 20.00 bis 21.00 Uhr im Unternehmen Mitte, Salon im 1. OG, Gerbergasse 30, laden Bischof & Kessler zu einer "Informationsveranstaltung und Anhörung" (siehe Fussnote hier). Man wünscht ihnen ein zahlreiches und kritisches Publikum an dem Anlass...


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