Samstag, 2. November 2013


Abt. Neokonkrete Lyrik – Heute: puschlaver ballade


zu fuss war der junge mann aus dem puschlav über den bernina und julier nach chur gezogen wo er sich ein neues leben aufbauen wollte

denn in der heimat jenem abschüssigen, verhungerten verwunschenen tal gab es keine zukunft für ihn

obwohl er der italienischsprachige bündner kaum deutsch verstand und in der kurzen schulzeit wohl nur wenig brauchbares gelernt fand er eine stelle als handlanger im kantonalen zeughaus

er muss sehr energisch und fleissig gewesen sein der junge mann denn bald stieg er auf und wurde büchsenmacher ein grosses glück in jener epoche der vielen kriege kurz vor dem ersten weltkrieg

heimatverbunden und gläubig heiratete er eine frau ebenfalls aus italienisch-bünden römisch-katholisch getauft

der ehe die als glücklich bezeichnet wurde entsprangen acht buben die meisten studierten einer schaffte es gar zum ordentlichen professor und später dekan der universität freiburg

ganz oben angekommen verliess ihn das glück die tochter starb jung an krebs wohl aus kummer folgte ihr der vater bald

der sohn 13 jahre alt hiess daniel vasella

auf einmal fand sich die familie fast wieder dort wo man zuvor aufgebrochen war: im virtuellen puschlav in der armut in der not

die mutter musste als hausmutter in einer privatschule auswärts arbeiten

vom handlanger und büchsenmacher über den professor zum chef eines der grössten pharmaunternehmen der welt zu einem der höchstbezahlten und deshalb verhasstesten manager unserer zeit in nur drei generationen stiegen die vasellas aus dem puschlav in eine der erstaunlichsten eliten der welt empor

was für die vasellas gilt haben unzählige schweizer (und ausländische) familien hier erlebt

anstatt dass wir uns damit befassten, wie der «kuchen» besser verteilt werden könnte haben wir alles dafür getan, diesen «kuchen» grösser zu machen

ob sich nach diesem backvorgang die tüchtigeren oder schlaueren oder frecheren etwas grössere stücke abgeschnitten haben was kümmert uns das solange der kuchen insgesamt zunimmt?

in einem land das stets etwas liberaler war wo die marktwirtschaft sich nicht überall aber doch im wesentlichen durchzusetzen vermochte wo kein mindestlohn herrscht und kein maximalsalär festgelegt wird wo ein arbeitnehmer jederzeit kündigen kann wie ihn auch der arbeitgeber jederzeit ohne komplikationen entlassen darf

in einem solchen land wird viel mehr wohlstand geschaffen für alle

wir sind reich und dennoch sind wir recht gleich geblieben

denn auf die freiheit kommt es zuerst an nicht auf die gleichheit

markus somm


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