Sonntag, 12. Januar 2014


Abt. nicht lustig - heute: Hühnerleben


P1030163

Bild: Schlachthof Basel

So ein durchschnittliches Huhn hat's echt nicht lustig. Jeder zwanzigste Bruder vermantscht von rotierenden Messern, kaum ist er geschlüpft, die allermeisten Schwestern alleine mit dem Zweck ausgebrütet und mehrheitlich unter unsäglichen Bedingungen gehalten, innert weniger Wochen geschlachtet zu werden.

Alleine 2011 killten die rund 5'300 kommerziellen Schlachthäuser in der EU etwa 5'810'000'000 Hühner, schreiben dieser (Seite iii) und dieser EU-Bericht (die 280'000'000 männlichen "Eintagskücken" nicht eingerechnet).

Bei 8 von 10 Tieren, also nicht ganz 4,7 Milliarden Hühnern, ging das Schlachten so vor sich:

  1. an den Füssen fesseln
  2. Kopf nach unten an einen Eisen-Haken hängen
  3. Kopf, Hals, bis Flügelansatz in ein unter etwa 200 Volt Spannung stehendes Wasserbad eintauchen, Hühner-Waterboarding sozusagen. Der Strom fliesst durch den Tierkörper. Folge: epileptische EEG-Ausschläge, "die häufig, jedoch nicht immer, von elektrischer Stille gefolgt sind", formuliert dieser Fachartikel, was dann so aussieht und als Bewusstlosigkeit gilt:
  4. Köpfen

Ein chinesischer Hersteller von "Wasserbadbetäubern" wirbt so für seine Maschinen:

Jedes zehnte Huhn stirbt für den Export. Davon wieder jedes zehnte, also insgesamt jedes hundertste in Europa geschlachtete, landet laut EU-Export-Statistik (siehe Tortengrafik) in einem Teller in - of all places - Benin:

Benin? Elfenbeinküste! 4% gehen nach Ghana. Dieser Dok-Film von ARTE zeigt am Beispiel Ghana, warum.

Das passt irgendwie halbwegs zu dem Posting, auf das friedmann bei facebook vorhin grad hingewiesen hat.

"Wie lange ist eigentlich ein Huhn, wenn es einfach so dasteht?" "Wie lange? Vom Schnabel bis zur Schwanzfeder? Keine Ahnung. Vielleicht 40 cm?" "Also: 5'810'000'000 Hühner durch 365 Tage mal 0,4 durch tausend Meter ergibt: Jeden Tag verschwindet in den Schlachthöfen Europas eine Hühner Polonaise der Länge von sechstausenddreihundersechsundfünfzig Kilometern! Jeden Tag. Montag bis Sonntag." "Das ist die Strecke von, Moment (misst nach auf Google Earth), Lissabon bis Dubai. Jeden Tag." "6'356 km / 24 Stunden = Hühnerpolonaise-im-Schlachthof-verschwinde-Geschwindigkeit = 265 km/h. 265 Kilometer Huhn verschwinden pro Stunde in den Schlachthöfen." "Im Vergleich dazu ist die 3,5 Kilometer lange Schweine Polonaise, die jeden Werktag im Schlachthof in Basel verschwindet, sozusagen verschwindend kurz..."


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Abt. Feinstaubquellen - heute: Feuerwerk


Die netten Leute von Meteotest stellen freundlicherweise ihre Rohdaten zum Download bereit. Die lassen sich dann relativ leicht zu "Google Fusion Tables" hochladen und in interaktive Grafiken verwandeln.

An den Stundenmittelwerten der Feinstaubwerte von Meteotest sind die Spuren des Geknalles am 31.7. und 1.8. deutlich abzulesen. Hier am St. Johanns Platz, jeweils um oder kurz nach Mitternacht:

Bei der Messstation in der Hard an der A2 Autobahn macht sich das Feuerwerken am 31.7. kaum bemerkbar. Dafür jenes vom 1.8. Etwas schwerer nachzuvollziehen ist der Peak am Freitag, 2.8., um 11 Uhr. Vielleicht ein Wölklein aus der benachbarten Chemie? Man weiss es nicht.

Alles unter durchschnittlich 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Feinstaub pro Tag ist ok. Gemäss Metetotest wird der Grenzwert auch an den Feuerwerktagen nicht überschritten, trotz hohen Ausschlägen in den Stundenmittelwerten. Laut Gesetz darf der Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro m3 ein mal pro Jahr überschritten werden.

Laut Jahresstatistik von Meteotest tat er dies 2013 in der Hard 19 Mal, an der Feldbergstrasse 15 Mal, am St. Johannsplatz 7 Mal.

(via TaWo)


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Donnerstag, 9. Januar 2014


Abt. worst Plakat ever - heute: IWB


Deine Energiegebühren an der Arbeit werben - man weiss nicht warum, denn wer soll mir sonst in Basel den Strom liefern? - mit einem weissen Robidog, der über eine grüne Wiese geblasen wird, für erneuerbare Energie.

Hey, Lars Knuchel, welcher Praktikant in der überflüssigesten aller Werbeabteilungen hat das Sujet abgesegnet?


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Dienstag, 7. Januar 2014


Abt. BaselArea hat ein Problem - heute: Lebrument




Die so genannte "Standortförderung" BaselArea gehört abgeschafft.

Sofort. Noch heute! Und zwar darum:

Eine "Standortförderung", die es trotz hohem Budget nicht schafft, die "Marke" "Basel" so zu kommunizieren, dass der Präsident des Schweizerischen Verlegerverbandes die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld von der Kunstmesse ART unterscheiden kann, hat ihre Existenzberechtigung definitiv und sofort verwirkt!

Lebrument in der Schweiz am Sonntag vom 5.1.2014:

Es ist noch nicht lange her, dass die Uhrenindustrie am Boden lag und die Frage sich stellte, ob das Land der Uhren aus dem internationalen Konkurrenzumfeld ausscheiden müsste. Ich will jetzt nicht die Hayek-Story erzählen, aber die Uhrenindustrie hat sich zusammengerauft, ist zu einer der bedeutendsten Branchen unseres Landes geworden. Sie produziert nicht nur unterschiedliche Produkte, sondern ist als Branche mit ihrer Art in Basel und wo auch immer eine geeinte nach aussen hin leuchtende Kraft.
Lebrument hat heute in seiner Rede an der so genannten "Dreikönigstagung", einem Stell-Dich-Ein der Medienbranche, mehrfach die "ART" erwähnt, auch jene in Miami, und die beiden mit der Uhrenbranche in Verbindung gebracht. Dafür gibt es hunderte Zeugen.

Damit hat der Verlegerpräsident bestätigt, dass das in der "Schweiz am Sonntag" kein zufälliger Verschreiber war.

Lebrument meint wirklich, die ART sei eine Veranstaltung der Uhrenbranche.

Dass er heute in einem Vortrag wiederholen kann, was schon am Sonntag hochnotpeinlich falsch war, ist der zweite Sargnagel für BaselArea:

Würde die Organisation etwas taugen, hätte sie auf Lebruments Peinlichkeit vom Sonntag sofort reagiert und ihn freundlich auf die Verwechslung hingewiesen. Da sie auch das nicht getan hat, gibt es nur ein Urteil:

BaselArea abschaffen! Jetzt!

Und Basel Tourismus eigentlich am besten auch gleich!


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Samstag, 4. Januar 2014


Petition...


...bitte liebe infamy-macher. Hiermit bitte ich und alle unterschreibenden (seid so frei im kommentarfeld zu unterschreiben) dass dieser blog in "patpatpatfam" unbenannt wird...


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Abt. neulich auf... - heute: der UB-Toilette


Foto: Unibibliothek Basel, Männertoilette.

Früher waren Blogs "Klowände" (remember "Du bist Deutschland" mit Jean-Remy von Matt & Co?). Heute, nach Snowden und mit der NSA und helvetischen Ablegern, sind Klowände die einzigen abhörsicheren Blogs.

Vielleicht ein neuer Trend? Zurück zur (anonymen) Wandzeitung?


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Donnerstag, 2. Januar 2014


Abt. for the record - heute: Somm zu Snowden


Damit's nicht unter's Eis gerät, wiederholen wir das Posting vom 5.11. aus gegebenem Anlass sinngemäss: Am 5. November 2013 erklärte BaZ-Chefredaktor Markus Somm Edward Snowden für vogelfrei…

… dafür, dass dieser uns konkret wissen liess, wie das Internet von der NSA weltweit zur Kampfzone erklärt und nach den Massstäben des Kriegsrechts behandelt wird, zuletzt dargestellt von z.B. Jacob Applebaum am 30C3.


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Abt. Veranstaltungshinweis - heute: TA-Swiss


Die Technologiefolgenabschätzer laden ein:

Bitte lächeln, Sie werden überwacht…

Möchten Sie lieber darüber diskutieren?

TA-SWISS lädt 300 Personen in der Schweiz (100 pro Sprachregion) zu einem Diskussionsforum ein. Es geht darum, herauszufinden, ob und wie Sicherheitstechnologien in Ihrem Alltag eine Rolle spielen, und wie Sie deren Nutzen und Risiken beurteilen.

Das Diskussionsforum in der Deutschschweiz findet statt am:

Samstag, 8. März 2014, von 9 bis 16 Uhr in Zürich

Das Treffen soll der Schweizer Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, der Politik mitzuteilen, was sie von Smartphone-Standortbestimmung und von der Überwachung des Internets hält.

Das Diskussionsforum ist Teil des europäischen Projekts SurPRISE, dessen Ziel es ist, zu ermitteln, welche Anforderungen Bürgerinnen und Bürger verschiedener Länder bezüglich Überwachungstechnologien stellen. Auch in Dänemark, Deutschland, Grossbritannien, Italien, Norwegen, Österreich, Spanien und Ungarn werden solche Debatten stattfinden. Am Ende des Projekts werden die von den Bürgern formulierten Empfehlungen dem Europäischen Parlament übermittelt.

Wir landen Sie herzlich dazu ein, an diesem Diskussionsforum teilzunehmen, Sie brauchen KEINE besonderen Vorkenntnisse. Für Ihre Teilnahme erhalten Sie eine Vergütung in Höhe von 80 Franken. Auch die Fahrkosten werden in vollem Umfang zurückerstattet. Sind Sie an einer Teilnahme interessiert? In diesem Fall bitten wir Sie, bis spätestens 31. Januar 2014 unser Online-Anmeldeformular auszufüllen.

Was TA-Swiss vermutlich vergessen hat zu erwähnen, ist: Es darf nur teilnehmen, wer den Vortrag von Jacob Applebaum über die NSA gesehen, verstanden, verdaut und die Konsequenzen bedacht hat.


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Mittwoch, 1. Januar 2014


Abt. No Go Area - heute: Studi-Diskriminierung


Die in Basel-Stadt wohnenden Studis sollen in Zukunft weiterhin 700.- pro Semester bezahlen. Alle anderen aber die 850.-, die SVP-BL-Paul Wenger und Konsorten - eventuell illegalerweise - durchsetzten. Darauf läuft das am 18.12.13 in Basel-Stadt eingereichte Budgetpostulat der Hemdkragenhochklapperin und "Jungen Grünen" Nora Bertschi und dem eigentlich geschätzten Urs Müller-Walz hinaus:

Erziehungsdepartement, Dienststelle 271 Hochschulen, Transferaufwand: Erhöhung um Fr. 650'000.-

Begründung: Im Rahmen des Leistungsauftrages und Globalbeitrages 2014 bis 2017 für die Universität Basel ist vorgesehen, dass die Universität Basel neu Fr. 4'000'000 selber generieren soll. Damit ist die Universität Basel gezwungen, die Studiengebühren erheblich zu erhöhen. Dies ergab sich auf Druck des Vertragspartners hin und war nicht im Sinne des Kantons Basel-Stadt. Deshalb soll für Studierende des Kantons Basel-Stadt die bisherige Höhe der Studiengebühren beibehalten werden. Basis der Berechnung sind 2'200 Studierende mit Wohnsitz im Kanton Basel-Stadt und eine vorgeseehene [sic!] Studiengebührenerhöhung von Fr. 150 / Semester.

Damit würden die über 10'000 ausserhalb von BS wohnenden Studierenden diskriminiert gegenüber jenen, die in BS wohnen. Es träfe sie eine Kollektivstrafe dafür, dass der baselbieter Landrat und die baselbieter Regierung die von SVP-Seite geforderte Erhöhung durchwinkten (und dieselben Gremien in BS es ihnen gleich taten!). Und das Kantonsbudget von BS soll für diese Diskriminierung mit CHF 650'000.- zusätzlich belastet werden.

Was habt ihr geraucht bei der Formulierung dieses Vorstosses???

Nora Bertschi behauptet von sich:

Seit dem Beitritt zum jungen grünen bündnis verfolge ich mit anderen jungen Menschen das aktuelle Geschehen und greife dort ein, wo mir etwas ungerecht erscheint.
Und wo ihr etwas ungerecht erscheint, macht die über Leihmutterschaft Doktorierende, die Verhältnisse noch ungerechter, ist man versucht zu ergänzen. Das kommt davon, wenn man sich erst für das aktuelle Geschehen interessiert NACH dem Beitritt in eine Partei!

Aber warum Urs Müller bei dem Mumpitz mitmacht, ist nur schwer verständlich.

Basler Verhältnisse: Die Grünen sind nicht grün, die Linken sind nicht links, nur die Rechten, die sind stramm rechts. Aus einer vagen Vermutung wird langsam eine fixe Idee.


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Dienstag, 31. Dezember 2013


Abt. They are everywhere - heute: the NSA


...und hier das Video von seinem Talk gestern am 30C3, worin er einen Einblick gibt in das technische Arsenal der NSA, um so ungefähr alles und jedes zu hacken (Fazit: Nichts ist sicher):

Einiges davon haben Applebaum und Mitstreiter gestern beim Spiegel in Textform publiziert.

Unser Favorit: das millimeterkleine Ding, das sie in Dein Kabel zwischen Monitor und Computer einschleifen:

Zunächst tut es gar nichts und Du bemerkst auch gar nichts davon. Aber wenn die NSA von der Strasse her mit einem starken, konstanten elektromagnetischen Signal zwischen 1 und 2 GHz in Deine Richtung "leuchtet", reflektiert das kleine Ding diese Strahlung im Takt Deines Monitorbildes. Diese Reflektion empfangen die Kollegen draussen im Transporter und reproduzieren daraus das, was Du auf Deinem Bildschirm siehst. Ohne dass Du etwas davon bemerkst.


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Sonntag, 29. Dezember 2013


Abt. Fortschritt wäre... - heute: eine offene SMD


In der SMD liegt ein bisher nur einer kleinen Informationspriestergemeinde zugänglicher Schatz. Aus ihrer Selbstbeschreibung:

Seit der Gründung der SMD im Jahre 1996 kam (…) ein Bestand von rund 17.5 Millionen Dokumenten zusammen. Mittlerweile sind die meisten bedeutenden Schweizer Medientitel darin vertreten. Rund 7000 Journalistinnen und Journalisten benützen die SMD-Recherche in ihrer täglichen Arbeit.
In der SMD liegt, sedimentiert, der Textoutput nahezu aller Schweizer Medien (dabei auch: Websites von z.B. SRF). Die Betreiberin SMD gehört zu je einem Drittel Ringier, tamedia und der SRG.

Medienübergreifend herauszufinden, was zu einem Thema, einer Person, einer Firma etc. in einem bestimmten Zeitraum in Schweizer Medien publiziert wurde seit etwa den 1980er Jahren, ist all jenen nicht mit vertretbarem Aufwand möglich, die keinen Zugang zur SMD besitzen.

Die SMD ist eine äusserst wertvolle Ressource in einer Gesellschaft, die informiert, aufgeklärt und demokratisch sein will. Und sie ist eine massiv unterschätzte und unternutzte Ressource!

Die SMD ist so etwas wie das Archiv unserer Gegenwart. Die kurzlebigen, flüchtigen Medienprodukte, die heute vielleicht noch interessieren, landen morgen schon im Altpapier. Und gehen rasch vergessen.

Erst mit ihrem "zweiten Leben", als Zuwachs zum Bestand der SMD, erhalten die täglich produzierten tausenden von journalistischen Texte ihren eigentlichen Wert, nämlich jenen über den Tag hinaus. Und damit auch der so vielfach als in der Krise steckend beschriebene Journalismus.

Darum, um auch den Journalismus neu in Wert zu setzen, muss die breite Oeffentlichkeit Zugang erhalten zur SMD!

Was in der SMD steckt ist überdies zu wertvoll, um es der Kontrolle von zwei reinkommerziellen (tamedia, ringier) und einem teilkommerziellen (SRG) Medienunternehmem zu überlassen! Die SMD muss unabhängig von diesen drei Entitäten werden. Zum Beispiel als Stiftung des Bundes, die die Infrastruktur übernimmt, den Betrieb garantiert UND der Oeffentlichkeit den Zugang zum Bestand ermöglicht. Ihre Herauslösung aus dem ringer-tameida-srg-Besitz ist ein handhabbares Problem, daran wird die Sache nicht scheitern.

Aber natürlich gibt es auch Skeptiker:

Denen könnte der Wind aus den Segeln genommen werden, wenn der SMD-Bestand erst nach einer bestimmten Karenzfrist, z.B. nach 20 Tagen, zugäglich würde. Also: Was heute neu eingeht in die SMD ist erst in 20 Tagen zugänglich. Und: In den öffentlichen Suchresultaten ist kein gefundenes Dokument jünger als 20 Tage. Für viele Bedürfnisse reicht das. Dies belegt z.B. auch diese Grafik, erstellt von der SMD: Dass die SMD zu einer Stiftung des Bundes wird, dauert wohl noch ein wenig. Bis dahin könnte der Zugang im oben skizzierten Sinne dem breiten Publikum aber bereits ermöglicht werden gegen einen vernünftigen Aufpreis (max. 20%) auf sein Medien-Abo. Das wär nicht zuletzt auch eine unschlagbare USP für ein Zeitungsabo: Gegen einen vertretbaren Obulus bekommst Du Zugang zur gesamten schweizerischen, journalistischen Textproduktion.

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Samstag, 28. Dezember 2013


Abt. Neokonkrete Lyrik – Heute: Unser Hauslyriker


Schön haben Sie es hier

Im Dorf einem menschenleeren Kaff irgendwo in den Weiten des Jura lebt Helmut Hubacher seit vielen Jahren mit seiner Frau Gret

Zwar habe ich die Adresse richtig ins GPS eingegeben aber die Hauptstrasse liegt aufgerissen vor mir wie ein toter Wal

Ich stelle das Auto ab und gehe zu Fuss weiter Nach längerem Herumirren stosse ich auf ein Häuschen mit einem Garten in dem eine zierliche Frau jätet irgendwie kommt sie mir deutschschweizerisch vor

«Sind Sie Frau Hubacher?» «Ja, ich hole ihn.» Und ehe ich mich versehen verschwindet sie im Haus: «Helmut! Der Besuch ist da!»

Niedrige Decke enger Raum bescheidene Küche Sofas Esstisch auf dem sich Post und unzählige Zeitungen stapeln: Ich bin angekommen im Haus eines der einmal am meisten gehassten Politiker der Schweiz

Nun steht er in der Tür: Ein Mann wie ein Kasten der sich trotz seiner 87 Jahre behende bewegt wie ein Sechzigjähriger

Schön haben Sie es hier

Und Hubacher zeigt mit der Hand in eine Richtung die ich nicht verorten kann: «Die Grenze» Im wilden Westen der Schweiz wo die Separatisten und Anarchisten hausen

Als ich an diesem sonnigen Morgen von Basel in die Ajoie fuhr zuerst durch das eigentümliche Laufental das auch schon ab von dieser Welt liegt um dann auf der Ebene von Delsberg aufzutauchen und schliesslich gegen den unendlich frei wirkenden Westen zu streben wurde mir erst bewusst wie weit der Jura dieser junge, kuriose Kanton im Abseits dämmert Man kann ihn leicht vergessen

Als ob die Jurassier die übrigen Schweizer für diese Vernachlässigung bestrafen wollten haben sie Jahrzehnte lang für Unruhe gesorgt bis man ihnen die Eigenständigkeit gewährte

Ich kann mich gut an die Erzählungen meines Vaters erinnern der in den Sechzigerjahren als Panzeroffizier zahllose Wochen Militärdienst auf dem Waffenplatz Bure im Jura geleistet hat

Einmal wurde seiner Kompanie der Wochenendurlaub gestrichen weil man sie in Alarmbereitschaft versetzt hatte Bern rechnete mit gewalttätigen Demonstrationen der Separatisten und hielt die Armee bereit um den Aufruhr niederzuschlagen Mit Panzern

Es hat etwas Ironisches: Heute lebt Helmut Hubacher fünf Minuten vom Waffenplatz Bure entfernt Hubacher der seinerzeit der schärfste Kritiker des EMD war

Man hasste ihn man fürchtete ihn man fragte ihn um Rat

Und Hubacher erzählt

Im EMD residierte der Beton Nie wurde das augenfälliger als wenn es um teure Beschaffungen ging wie etwa den Panzer 68 eine missratene schweizerische Eigenproduktion von der man aus Prestigegründen kaum mehr abrücken konnte selbst als das Scheitern fast allen klar war ausser Bundesrat Rudolf Gnägi einem Berner SVP-Büffel der unsterblich wurde weil er einen grünen Rollkragenpullover in die Armee eingeführt hatte den man liebevoll «das Gnägi» nannte

Ich verabschiede mich und will aufbrechen Erst jetzt bemerke ich wie grossväterlich Hubachers Blick auf mir ruht

Nach Stunden des munteren unaufhörlichen Gesprächs ist er zwar keine Spur müder geworden aber er wirkt weiser

Ich finde mein Auto fahre zurück nach Basel nicht ohne einen Abstecher zum Waffenplatz Bure zu machen wo ein paar Panzer verloren herumstehen

Alles ist leer Nicht einmal ein Wachtposten ist zu sehen

Wehmut ergreift mich

Markus Somm (nun auch bei Tagi-Online)


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