Mittwoch, 7. Dezember 2011


Abt. Reminder Verkehrsregeln


Bild: vcs Trotz breiter Diskussion in den Medien, Kampganen etc. reisst die unheilvolle Serie von verunfallten Fussgängern - vornehmlich auf Zebrastreifen - nicht ab. Hier nochmals der Hinweis auf die Verhaltensregeln für langsam Verkehrende. Und was ist eigentlich aus der Unfallkarte geworden?

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Abt. psychische Störungen - heute: according to RR


Heute Mittwoch verhandelt der Grosse Rat in Basel-Stadt u.a. das "Schreiben des Regierungsrates zu den Anzügen Andrea Frost-Hirschi und Christian Klemm und Konsorten betreffend Suizidprävention im Kanton Basel-Stadt sowie Martina Saner und Konsorten für einen Massnahmenplan zur Förderung der psychischen Gesundheit und zur Prävention von psychischen Erkrankungen für die Bevölkerung in Basel-Stadt". Darin schreibt der Regierungsrat:

Depressionen, Angsterkrankungen, Demenzen und Schizophrenien zählen mittlerweile weltweit zu den häufigsten Erkrankungen und sind damit durchaus vergleichbar mit den so genannten Volkskrankheiten wie Diabetes oder Übergewicht. So zeigt die Statistik des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums OBSAN aus dem Jahr 2003, dass psychische Störungen in der Schweiz im internationalen Vergleich überdurchschnittlich oft auftreten und rund 50% der Schweizer Wohnbevölkerung während ihres Lebens mindestens einmal an einer psychischen Störung leiden.
Das heisst, jede und jeder zweite von uns ereilt, gemäss Regierungsrat, mindestens einmal im Leben eine "psychische Störung". Schauen wir uns die Quelle, die der Regierungsrat zitiert, einmal genauer an. Seine Kronzeugin für die 50%, das OBSAN, schreibt hier 2003 in "Bestandesaufnahme und Daten zur psychiatrischen Epidemiologie in der Schweiz" auf Seite 8:
Die epidemiologischen Daten, welche uns über die psychischen Erkrankungen und Symptome informieren, entstammen in erster Linie grösseren Untersuchungen, wozu in der Schweiz die sogenannte Zürich-Studie von Jules Angst und die Querschnittuntersuchung in Basel von Hans-Rudolf Wacker zu zählen sind.
Auf Seite 28 lesen wir darüber:
Die Basler Studie wurde 1988-91 durchgeführt (Wacker, 1995). Die Stichprobe bildeten 470 Einwohner von Basel-Stadt, 261 Frauen und 209 Männer. Auf ein Screening von Probanden und eine allfällige Schichtung der Stichprobe wurde verzichtet. Fokussiert wurden insbesondere Angst- und Depressionsstörungen.
Aha. Und auf derselben Seite etwas weiter unten:
Aktuelle schweizerische psychiatrisch-epidemiologische Forschung ist mit vielen verschiedenen Namen und Forschungsgruppen verbunden. Eine aufeinander abgestimmte psychiatrisch-epidemiologische Forschung existiert nicht.
Und auf Seite 97:
Wie im Monitoring-Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Rüesch / Manzoni, 2003) bereits angeführt wurde, sind zuverlässigere Daten zur Epidemiologie psychischer Störungen in der Schweiz notwendig. Die in diesem Bericht präsentierten Zahlen und Zwischenergebnisse belegen, dass die zur Zeit verfügbaren Datenbasen ungenügend sind (...)
Tja. Pech. Seriöse, koordinierte Epidemiologie gibt's nicht. Die Datenbasen sind ungenügend. Aber egal. Den Regierungsrat ficht das nicht an. Er zitiert munter drauf los. über die "Zürich-Studie" lesen wir auf Seite 27 beim OBSAN:
Das Sample der Zürich-Studie (Binder et al., 1982; Angst et al., 1984) geht einerseits aus einer Befragung anlässlich der militärischen Eintrittsmusterung der im Kanton Zürich wohnhaften Männer des Jahrgangs 1959 hervor sowie aus zusätzlich erhobenen Samples (im Kanton Zürich wohnhafte Schweizer Frauen des Jahrgangs 1958). (...) Von den 591 TeilnehmerInnen der ersten umfassenden Befragung 1979 sind über die Befragungen 1981, 1986, 1988, 1993 und 1999 hinweg jeweils durchschnittlich 10 % der Befragten als Drop-Outs ausgeschieden. An der letzten Befragung 1999 beteiligten sich etwas mehr als 60% des Ausgangssamples. 47% der Befragten haben an allen sechs Befragungen teilgenommen.
Über die Resultate dieser Langzeitbeobachtung, dem Kern der Aussage des Regierungsrates mit den 50%, lesen wir hier:
The cumulative weighted prevalence rates for any psychiatric disorder were 48.6% excluding, and 57.7% including tobacco dependence. In addition 29.2% and 21.8%, respectively manifested sub-diagnostic syndromes. Overall there were no significant gender differences. The corresponding treatment prevalence rates were 22.4% and 31.1%, respectively for the diagnostic subjects and 6.9% and 6.1%, respectively for the sub-diagnostic groups. The total treatment prevalence rate was 37.2% of the population (males 30.0%, females 44.1%). CONCLUSIONS: Our findings reveal that psychiatric disorders are quite common in the general population. When the spectra of mental disorders are considered, nearly three quarters of the general population will have manifested at least one of the mental disorders across their lifetime.
Ganz am Schluss, nach den dramatischen “Conclusions” (Raucher [!] inbegriffen, erwischt es dreiviertel aller SchweizerInnen mindestens ein Mal im Leben mit einer “mental disorder”) lesen wir dort:
LIMITATIONS: The data are based on a relatively small sample; a single age cohort, and the study was conducted in Zurich, Switzerland. These study features may diminish the generalisability of the findings.
Die Referenzstudien, auf die sich der baselstädtische Regierungsrat beruft mit der Aussage, "dass psychische Störungen in der Schweiz im internationalen Vergleich überdurchschnittlich oft auftreten und rund 50% der Schweizer Wohnbevölkerung während ihres Lebens mindestens einmal an einer psychischen Störung leiden", umfassen also gerade mal eine Studie mit 470 BaslerInnen vor 20 Jahren und eine Langzeitstudie mit 277 Männern des Jahrgangs 1958 und Frauen des Jahrgangs 1959 in Zürich über gut 20 Jahre bis ’99. Letztere sagt allerdings von sich selber, ihre Anlage (nur eine Alterskohorte, nur Personen aus Zürich) reduziere die Verallgemeinerbarkeit ihrer Erkenntnisse. Mehr steckt nicht hinter den dramatischen Zahlen des Regierungsrates! Und für die Behauptung, "dass psychische Störungen in der Schweiz im internationalen Vergleich überdurchschnittlich oft auftreten", bleibt er den Beweis gänzlich schuldig.


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