Montag, 28. Februar 2011


Abt. Krankheitspropaganda - heute: Depression


Die Schweizerische Depeschenagentur verbreitet heute, was ihr an einer Medienkonferenz der Werner Alfred Selo Stiftung diktiert wurde. SDA Titel der Meldung von 13.28:

Schweizer wissen immer noch sehr wenig über Depressionen
Was 20min.ch daraus verschlimmbesserte, verkürzte und zusammenphantasierte, steht morgen vermutlich in der Printausgabe und ist online hier zu finden. Die Medienmitteilung der Stiftung beginnt marktschreierisch mit dem Titel:
Volkskrankheit Depression: Die Schweiz hat immer noch Berührungsängste
Im Lead des PR-Textes der Stiftung steht:
Die Schweizer Bevölkerung weiss immer noch sehr wenig über Depression.
Grundlage: Eine im Auftrag der Selo Stiftung durchgeführte Umfrage von GfS: Werner Alfred Selo Umfrage 2010. Dort drin allerdings ist nachzulesen, dass auf die Frage "Was sagt Ihnen der Begriff Depression?" nur gerade 4 von 714 Befragten antworteten: "Noch nie gehört." 11% der Befragten geben an, den Begriff vom Hören zu kennen. 33% wissen, was er bedeutet; 17% kennen Symptome und Verlauf. Daraus wird in der Medienmitteilung die gelinde gesagt flapsige, eigentlich kreuzfalsche Formulierung:
Über 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung – ca. 800'000 Menschen – wissen nicht einmal, was Depression ist.
Ebenfalls in "Zusammenfassung & Folgerungen" wird daraus, man weiss nicht wie, gar:
Eine breite Aufklärung der Schweizer Bevölkerung tut dringend not. Besonders wichtig ist die Früherkennung der Krankheit bei Kindern und Jugendlichen.
Auf die Frage
Was denken Sie, wo liegen die Ursachen einer psychischen Erkrankung?
geben 43% an "Arbeitssituation / Wirtschaft". Und gefragt, wem sie davon erzählen würden, wenn sie in psychologischer oder psychiatrischer Behandlung wären wegen einer Depression, nennen 75% die Familie, 38% Freunde, 4% Kollegen. Daraus wird in der Interpretation der Stiftung:
Arbeitsbedingte Probleme, materielle Belastungen und die gefühlskalte Umwelt werden gesamthaft als häufigste Ursachen für Depression genannt. Gleichzeitig ist es kaum möglich, im Arbeitsumfeld über das Thema zu sprechen. Folgerung: In den vergangenen Jahren ist klar geworden, dass Depression eine chronische Stressfolgeerkrankung ist. In diesem Spannungsfeld ist also auf verschiedenen Ebenen anzusetzen: beginnend bei Information und Prävention, um eine Enttabuisierung und Entstigmatisierung am Arbeitsplatz zu erreichen.
Die Frage an die Laien war, wo sie die Ursachen für, nota bene, eine psychische Erkrankung, nicht spezifisch Depression, vermuten. Mit Betonung auf "vermuten"! Und mit wem sie reden würden, wenn sie in Behandlung wären. Mit Betonung auf "wären"! Beides sind ergo Spekulationen und Vermutungen von zufällig ausgewählten nicht-Fachleuten! Der PR-Text aber erweckt den Eindruck, man habe spezialisierte Arbeitsmediziner befragt über Beobachtungen in ihrer Praxis und Depressive zu ihren Möglichkeiten, über die Behandlung ihrer Krankheit zu reden. Aus den bei Laien abgerufenen, ins Blaue formulierten Mutmassungen folgert der Text im Namen der Stiftung sofort "Präventionsmassnahmen" etc. pp. am Arbeitsplatz. Das ist pure Manipulation und Propaganda!

Eine weitere Aufgabe an die Befragten war, einige Aussagen auf einer Skala von 1 (trifft sicher nicht zu) bis 4 (trifft sicher zu) zu bewerten. Darunter auch:

Etwa fünf Prozent der Bevölkerung leiden an Depressionen.
Diese Behauptung erhielt gemittelt eine 3,1. Daraus wird in "Zusammenfassung & Folgerungen":
Fast alle Befragten teilen die Einschätzung, dass etwa 5% der Schweizer Bevölkerung an Depressionen leiden.
Laien, die von Epidemiologie im Allgemeinen und jener von Depression im Speziellen keine Ahnung haben, werden mit einer unklar formulierten Behauptung (Lebenszeitprävalenz? Jahresinzidenz?) konfrontiert und sollen über deren Realitätsgehalt spekulieren. Worin liegt da der Erkenntnisgewinn? Er ist genau Null!

Die im Titel der Medienmitteilung grossspurig behaupteten "Berührungsängste" der Schweiz gegenüber Depressionen klingen in "Zusammenfassung & Folgerungen" viel kleinlauter:

Der Vergleich zu 1995 zeigt: Der Anteil der Personen, die mit niemandem über Depression sprechen würden, ist um zwei Drittel (von 18% auf 6%) gesunken. Die Gesamtbevölkerung scheint heute besser für das Thema Depression sensibilisiert zu sein, sodass man offener darüber spricht. Auf der anderen Seite hat sich der Anteil derer, die im Prinzip mit allen darüber reden würden ebenfalls von 11% auf 4% reduziert. Offenbar werden sensible Themen heute selektiver kommuniziert und man wendet sich damit vor allem an die Familie.
Aber dieser Befund, dass heute mehr Leute präziser wissen, mit wem sie worüber reden wollen, ergibt natürlich keine alarmistische, Panik verbreitende Schlagzeile. Also landet dort, im Titel der Medienmitteilung, nur grotesker Mumpiz!

Im Lead der Medienmitteilung der Selo Stiftung wird behauptet:

Dabei leiden über 20 Prozent der Menschen an Depressionen.
Diese Formulierung ist mindestens missverständlich, vermutlich irreführend und ziemlich sicher kreuzfalsch. Über die Häufigkeit von Depressionen in der Gesamtbevölkerung oder über die Grösse des Anteils der Menschen, die im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkanken, sind für die Schweiz keine gesicherten Zahlen vorhanden! Jeder kann plusminus behaupten was ihm in seinen Kram passt.

Dieses Spielchen mitgetragen wird von einem so genannten "Wissenschaftlichen Beirat". Dort drin sind zu finden:

Prof. Dr. med. Julius Angst, Psychiater, Zürich; Dr. med. Irene Barone-Kaganas, FMH für Neurologie, Basel; Dr. med. Fritz Ramseier, Psychiater, stv. Chefarzt Psychiatrische Klinik, Königsfelden; Dr. med. Eberhard Rust, Psychiater, Chefarzt Psychiatrische Klinik, Oberwil; Prof. Dr. med. Brigitte Woggon, Psychiaterin, Zürich; Dr. med. Hansruedi Isler, FMH für Neurologie, Zürich; Prof. Dr. med. Edith Holsboer-Trachsler, Leitende Ärztin, UPK, Basel; Prof. Dr. med. Erich Seifritz, PUK, Zürich; Prof. Dr. med. Konrad Michel, Psychiater, Thun; Prof. Dr. Volker Dittmann, Psychiater, Basel; Dr. med. Hansjoerg Weissenrieder, Psychiater, Zug; Dr. med. Martin Preisig, Psychiater, Lausanne; Dr. med. Waldemar Greil, Psychiater, Stauffacher Praxis, Zürich; Dr. med. Barbara Hochstrasser, Privatklinik Meiringen; Dr. med. Peter Sandor, FMH für Neurologie, Kantonsspital Baden

Die Umfrage, für welche die Damen und Herren ihren Namen hergeben, erscheint mir, mit Verlaub, alles andere als "wissenschaftlich", sondern sehr tendenziös und einseitig angelegt und interpretiert. Depression ist für die Betroffenen eine Tragödie. Ich wünsche ihnen bessere Anwälte als die, die hinter dieser Art Umfrage und der daraus hergeleiteten, von einer Küsnachter Bude namens "Life Science Communication" zu verantwortenden PR stehen.


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Abt. Karte des Tages - heute: die Marginalisierten in BS


Gefunden auf Seite 108 von: "Neuartige residentielle Stadtstrukturmuster vor dem Hintergrund postmoderner Gesellschaftsentwicklungen - Eine geographische Analyse städtischer Raummuster am Beispiel von Basel", der 2004er Diss von Susanne Eder Sandtner, heute "Dozentin für Kartographische Methoden im Schulunterricht". Was allerdings etwas irritiert: Ein prominentes Mitglied der Roche Besitzerfamilie wohnt laut dieser Karte in einem Geviert an bester Lage, das zu 5,4% - 100% von "Marginalisierten" bevölkert sein soll. Very strange...

P.S. Die Hauswirth'sche Crime Map ist insofern, (da teile ich supras Urteil nicht ganz), interessant, als sie belegt, dass auf dem Bruderholz, in Riehen & Bettingen zu wenig eingebrochen wird.


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Abt. It's not my fault! heute: privacybox attachment


Wir müssen leider allfällige Whistleblower in Sachen Besitzverhältnisse der BaZ darauf hinweisen, dass wir nach mehrmaligem Testen zum Schluss gekommen sind, dass unsere Privacybox Attachments (derzeit?) nicht mitschickt. Der Anhang kommt mit, aber nur als leeres, zero Bytes grosses Attachment. Sehr ärgerlich!

Vorschlag, um dieses Manko zu umgehen: Wenn Du uns ein Dokument zuspielen möchtest, lade es erst bei rapidshare hoch, kopier den daraus resultierenden Downloadlink (den ersiehst Du bei rapidshare, wenn das File hochgeladen ist) und schick uns einfach diesen Link im Mitteilungstext in unserer Privacybox (also NICHT als Attachment bei privacybox.de). Was Du dort in die Textbox schreibst, erreicht uns zu 100% - anders als die Attachments! So bleibt Deine Anonymität uns gegenüber ebenfalls gewahrt. Deine IP-Adresse gegenüber privacybox und rapidshare verschleiern kannst Du im Bedarfsfall mittels TOR.


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Abt. Angsthasen


und noch eins / ishr.org


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Abt. Wo der Pfeffer wächst


Von wegen "früher war alles besser"!


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Abt. BaZille des Tages


"Ein Libyer"? Das ist Lothar Matthäus!

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Abt. Die Weisheit des Tages ...


... entnehmen wir der heutigen "Basler Zeitung". Nein, ich meine nicht Mischa H.s "Crime Map" (es fehlt der Aeschenplatz als "Platz der publizitischen Verfehlungen"), nein, es geht um die Baselbieter Wahlen:

"Das Mittelalter dominiert die Wahlen"
Besser kann man es eigentlich gar nicht sagen.


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Abt. Frage & Antwort - heute: Philip Morris II


Ein aufmerksamer Leser in Winterthur (Wir grüssen!) besteht per Mail völlig zu Recht auf die Übermittlung der Antwort, die Philip Morris uns gegeben hat auf die Frage nach der Zusammensetzung der Zigarettenfilter. Die Forderung fällt zufälligerweise fast zusammen mit dem Eingang der Antwort. Sie erreichte uns spät am vergangenen Freitagnachmittag und lautet:

PMI does not use Bisphenol A based polycarbonates in cigarette filters and products neither in Switzerland nor anywhere else in the world. Cigarette filters used by PMI are made out of cellulose acetate (filtration material) , triacetin (plasticizer), filter wrap paper, tipping paper and adhesives. All the ingredients added to tobacco and to individual cigarette components in PMI brands sold in Switzerland are disclosed to the government and can be seen on our website (...).
Und für einmal müssen wir, so schwer es uns fällt, sagen: Vorbildlich! Thank you, Monica Montero! Und, Winterthur, wir bleiben natürlich trotzdem dran!


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infamous for 8150 Days
Sperrfrist: 02.09.24, 09:53

Kontakt:
infamy-Kollektiv
Basel
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