Abt. Urteilseröffnung - heute: Robin & Hood


S. L. und W. U., wir nennen sie Robin & Hood, haben geholfen, mindestens mehreren hundert deutschen Steuerflüchtlingen, die ihr Geld bei der Credit Suisse in der Schweiz parkierten, das Handwerk zu legen. Hood ist tot. Robin erfährt in diesen Minuten, heute um 10 Uhr, das Urteil für seine Tat in Bellinzona vom Bundesstrafgericht.

Gemäss der Bundesanwaltschaft (BA) begann 2007 der CS-Angestellte Robin "aus Zeitvertreib, Leidenschaft sowie historischem Interesse an der Nazi-Zeit bzw. im Zusammenhang mit dem Holocaust" gezielt Bankkundendaten aus den CS-Computern rauszupopeln. Und die habe er dann von Hand vom Bildschirm auf Papier abgeschrieben. Sein Sammelsurium von Listen mit Kundendaten führte Robin mit sich rum in einer Aktentasche. Dummerweise liess er diese aber eines Tages in einem Fitnesscenter liegen, sagt die Bundesanwaltschaft. Vermutlich in der zweiten Hälfte 2007. Pech für ihn. Denn dort fand sie Hood, der im gleichen Center trainierte. Kurz danach gab Hood Robin die Tasche zurück. Und schwärmte ihm vermutlich gleichzeitig davon vor, wie viel die Daten wert seien. Hood wollte wissen, wie Robin die Daten beschafft hatte und ob er dabei beobachtet worden sei. Und er bot, laut Bundesanwaltschaft, Robin Geld dafür an, wenn der ihm noch mehr davon liefere. Robin willigte ein und recherchierte während des ganzen Jahres 2008 gegen 2'500 Datensätze "vorwiegend von vermögenden und in Deutschland wohnhaften Bankkunden", wie die BA sagt. Auf den Konten lagen insgesamt rund 2 Milliarden Franken.

Hood nimmt im Laufe von 2009 Kontakt auf mit deutschen Behörden. Im Winter 09/10 trifft er sich, verkleidet mit Sonnenbrille, Trenchcoat und Kappe, verschiedentlich mit deutschen Staatsanwälten. Die Daten gefallen und man wird handelseinig. Ueber den Notar A.L. zahlen die Deutschen Hood Ende ‘09, Anfang ‘10 ingesamt 2,5 Milionen Euro auf Konti in Deutschland, Oesterreich und Tschechien. 893’000.- Euro gingen mit dem Vermerk “Erbschaft gemäss Aufteilungsvereinbarung” auf ein Konto in Oesterreich. Die dortige Bank wurde hellhörig, als plötzlich so ein grosser Betrag auf Hoods Konto landete. Sie erstattete darum Meldung bei ihren Behörden wegen des Verdachts auf Geldwäscherei und fragte beim Absender, dem Notar, nach, woher denn das Geld stamme. Die österreichischen Behörden erstatteten gleichzeitig Meldung an die Schweizer Behörden, denn Hood lebte in der Schweiz. Die Oberfinanzdirektion Rheinland bestätigte daraufhin nach Oesterreich, dass das beim Notar hinterlegte Geld bestimmt sei für die Begleichung “einer vertraglichen Verpflichtung des Landes Nordrhein-Westfalen”. Die Schweizer Bundesanwaltschaft schreibt dazu: “Dies war ein erster und konkreter Hinweis darauf, dass Hood (Nein, sie nennt ihn nicht so!) womöglich mit dem Verkauf von illegal erlangten Bankkundendaten für 2,5 Mio Euro an das Bundesland Nordrhein-Westfalen in Verbindung stehen könnte.” Es scheint ergo, als ob die Deutschen mit ihrer Auskunft an Oesterreich Hood den Schweizern ans Messer geliefert haben. Jedenfalls notiert die BA in ihren Akten, sie habe im Januar 2010 erstmals Hinweise auf Hood. Und am 6. Februar 2010 eröffnete sie darum eine Strafuntersuchung gegen Unbekannt wegen u.a. wirtschaftlichen Nachrichtendienstes.

Im März 2010 ahnen Robin und Hood nicht, dass ihnen die Schweizer schon ziemlich dicht auf den Fersen sind, als sie in Prag mehrere Konti eröffnen. Am 9. März landen aus Deutschland auf einem 921’000 Euro. Hood überweist Robin davon einige zehntausend auf dessen Prager Konto. Man darf annehmen, dass die zwei erst Mal ausgedehnt feierten...

Ende Juli 2010 kommt die Zürcher Kantonspolizei definitiv zum Schluss, dass Hood vom Deutschen Notar A.L. 893’000 Euro erhalten haben muss. Die Schlinge beginnt sich zuzuziehen um Robin & Hood.

Am Morgen des 14. September 2010 schlägt die BA zu. Sie verhaftet Hood vor den Augen verduzter Nachbarn. Er landet im Regionalgefängnis Bern. Es sollte die vorletzte Reise seines Lebens sein. Gleichentags stürmt die BA die Wohnung von Robin. Der ist aber grad bei seiner Freundin in Prag. Die Schweizer Behörden reagieren rasch. Sie informieren ihre tschechischen Kollegen, und die schlagen am 15.9.2010 zu. Robin wird in der Wohnung seiner Freundin verhaftet und in Abschiebungshaft genommen. Er sitzt im tschechischen Gefängnis bis zum 18. November 2010. An dem Tag wird er in die Schweiz ausgeliefert. Da ist Hood aber bereits tot. Denn Hood, gemäss dem Obduktionsbericht, erhängte sich in der Nacht vom 28. auf den 29. September 2010 in seiner Zelle, mitten in Bern.

Der geständige Robin wird, wenn das Bundesstrafgericht dem Antrag der BA stattgibt, heute davonkommen mit 2 Jahren bedingt, ein paar zehntausend Franken Busse und Prozesskosten.



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