Abt. Mikropolitik - heute: Schulhausstandorte


In den gelben Bereichen (also fast überall) liegt die Feinstaub-Belastung im Jahresdurchschnitt knapp über dem Grenzwert.

In den roten Bereichen liegt die Feinstaubbelastung in Basel im Jahresdurchschnitt deutlich über dem Grenzwert.

Und auf eines der roten Pixel an der Spitze des schwarzen Pfeils baut der Kanton grad ein neues Schulhaus für gegen 600 Kinder.

In den gelben Bereichen liegt die Stickstoffdioxid-Belastung im Jahresdurchschnitt um den Grenzwert.

In den violetten Bereichen liegt die Stickstoffdioxid-Belastung im Jahresdurchschnitt mehr als 20% über dem Grenzwert.

Und auf eines der violetten Pixel an der Spitze des schwarzen Pfeils baut der Kanton grad ein neues Schulhaus für gegen 600 Kinder. Das violette Dreieck über der schwarzen Pfeilspitze ist übrigens das Erlenmatt-Areal!

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Der Umweltbericht beider Basel hält fest:

Heute sind noch 90 Prozent der Bevölkerung von Basel durch übermässige Feinstaubwerte betroffen, in Basel–Landschaft sind es noch etwa die Hälfte. Zusammen leiden damit 300’000 Personen unter der Luftbelastung durch Feinstaub. (...) Die Stickstoffdioxid-Konzentration an stark befahrenen Strassen ist sehr hoch. (...) In der Stadt Basel sind noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung durch zu hohe Stickstoffdioxid-Konzentrationen betroffen...
Das Schweizerische Tropen und Public Health-Institut schrieb vor einem Jahr im Bericht "Luftschadstoffbelastung entlang der Autobahn A2 und ihr Einfluss auf die Atemwegsgesundheit in der betroffenen Bevölkerung":
Gemäss einer Befragung von Erwachsenen in zehn Gemeinden entlang der A2 und A13, die im Jahr 2005 durchgeführt wurde, litten diejenigen, die im Abstand von maximal 200m zur Autobahn wohnten ca. 3-mal häufiger unter pfeifender Atmung und ca. 2.5-mal häufiger unter chronischem Husten als weiter entfernt wohnende Personen.

Lesebeispiel: In 400-1000m Distanz leiden 4% an chronischem Husten. Entlang der Autobahn sind es bis zu 14%. (nach Berücksichtigung von anderen Einflussfaktoren wie Rauchen etc.)

Auch bei Schulkindern im Kanton Uri wurde ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Verkehr und Atemwegsymptomen festgestellt. Kinder, die 2007/08 zu Hause relativ hohen Feinstaubkonzentrationen aus dem Lastwagen- oder Personenwagenverkehr der Autobahn ausgesetzt waren, hatten ein 15-30% erhöhtes Risiko an Atemwegsymptomen zu leiden. Die Kinder wiesen vor allem vermehrt asthmatische Beschwerden (pfeifende Atmung) und allergische Symptome (Heuschnupfen) auf. (...) Die eidgenössische Kommission für Lufthygiene leitete in ihrem Statusbericht von 2007 eine maximal tolerierbare jährliche Konzentration von 0.1μg/m3 für den krebserregenden Dieselruss (EC) her. Mit durchschnittlichen EC Konzentrationen von ca. 1μg/m3 in bewohntem Gebiet bzw. 1.6μg/m3 an der Autobahn liegt die Dieselrussbelastung für die Bevölkerung im Kanton Uri somit 10-16 Mal über dem nach schweizerischem Umweltschutz Gesetz konformem Toleranzwert.

Was in Uri in der Nähe der Autobahn gilt, darf mit Fug und Recht auch in Basel entlang der Osttangente angenommen werden: Chronischer Husten, Asthma, Allergien sind häufiger und die Krebsgefährdung ist deutlich höher.

Das hindert in Basel-Stadt niemanden, das super-duper tolle

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neue Schulhaus (roter Pfeil) direkt an die Autobahn (rosa Pfeil) zu stellen:

Modell Sandgrubenschulhaus

Das dürfte Schweizer Minus-Rekord sein. Oder kennt jemand ein Schulhaus, das noch näher an einer der hiesigen Autobahnen steht?

Weder im Jurybericht für den Neubau (50MB pdf) noch in Ratschlag oder Bericht der BRK kommt das Stichwort "Feinstaub" vor.

Offenbar verschwendeten weder Planer noch Regierung noch Parlament einen Gedanken daran, ob es der Gesundheit und dem Wohl der Kinder und Jugendlichen zuträglich ist, wenn ihr neu zu bauendes Schulhaus keine 20 Meter neben einem der meistbefahrenen Autobahnstücke der Schweiz steht. Oder ob der Neubau vielleicht ein Anlass sein könnte, die Position kurz zu überdenken...

Die einzigen, die sich, laut Wortprotokoll, im Grossen Rat am 9.11.2011 zum Standort äusserten, waren:

  • Esther Weber Lehner (SP): "Der gewählte Standort scheint uns günstig"
  • Heinrich Ueberwasser (SVP): "Viel schlechter könnte ein Schulhaus nicht liegen, neben dieser unsäglichen Strasse mit Staubentwicklung, schlechtem Verkehrsweg, gefährlicher Strassenüberquerung."

Warum muss ausgerechnet ein SVP-Vertreter der einzige sein, dem etwas einfällt zur Lage des Schulhauses und ihrer Auswirkung auf die Gesundheit der Kinder? Wo waren Grüne und BastA! als die Schüler_innen sie gebraucht hätten? Die SP hält sich offenbar auch beim Feinstaub für Kinder an ihr lustiges Motto "Für alle, statt für wenige!".

In der Aufgabenstellung für die Architekturbüros, heisst es lediglich:

Ebenfalls ist auf die Lärmbelastung des Schulareals durch den Verkehr auf der Schwarzwaldallee zu reagieren.
Andere Emissionen, mit denen die täglich bis 150'000 vorbeidonnernden Blechkisten die Umwelt verpesten, kennt man im federführenden BVD offenbar nicht. "Warum auf der Höhe der Zeit und dem Stand der Technik sein, wenn's auch ohne geht und es niemand merkt?" scheint dort die Devise zu sein.

Für das Sandgrubenschulhaus fand KEIN Mitwirkungsverfahren nach §55 Kantonsverfassung statt. Wetten, da wäre von Eltern oder Kindern oder Lehrer_innen das Thema Luftverschmutzung aufgebracht worden?

NACHTRAG 14.7.14 (Vive la France!)

Im Jurybericht des BVD für den Neubau (50MB pdf), im Kleinstgedruckten, steht, gut versteckt, drum erst auf Hinweis eines Dritten entdeckt:

Hygiene und Gesundheit: Die Aussenluft wird gefiltert. Schadstoffe und Gerüche im Gebäude werden kontinuierlich abgeführt. Jeder Raum wird mit der aus hygienischer Sicht optimalen Frischluftmenge versorgt. Die Luftfeuchtigkeit ist ausgeglichen. Die Luftverteilung ist zugänglich und kann gereinigt werden. Schadstoffquellen werden vermieden.
Ergo gilt dann vermutlich für die Kinder: Nicht auf den Pausenhof in der Pause! Nur so bleibt die schulhausgrosse Atemschutzmaske dicht!


Für einmal sei mit einem Zitat aus dem Matthäussevangelium

kommentiert:
"Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat."

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und der noch:

Von wegen Mitwirkung: Der Herr Stephan Hug erklärt im Vorwort zum Jurybericht Sandgruben doch ganz offen, wer denn nun an der Planung beteiligter Partner ist: Pädagogen und Architekten.
Weder Schüler - geschweige denn deren Gesundheit - noch Eltern oder Anwohner
kommen da vor. Mitwirkungsgesetz? Für wen ist das denn?
Er setzt sich übrigens in dem Vorwort lieber mit antiquierten Thesen auseinander, die vor bald 60 Jahren aufgestellt wurden. Mamamia, was sollen wir da erwarten?

... Link

In sich mag

das Schulhaus gut geplant sein und höchsten pädagogischen und architektonischen Ansprüchen genügen. Aber dass vor Beginn des Neubaus die offensichtlich stark belastete Situation von den Bildungs- und / oder Gesundheitsverantwortlichen in den oberen Etagen der entsprechenden Departemente nicht erkannt und z.B. bei der Fachgruppe Exposure Science, Autorin des Berichtes "Luftschadstoffbelastung entlang der Autobahn A2 und ihr Einfluss auf die Atemwegsgesundheit in der betroffenen Bevölkerung", und gleich am anderen Ende der Stadt daheim, keine Studie eingeholt wurde über die Luftsituation im Umfeld des Ortes, wo künftig 27 Schulklassen unterrichtet werden, ist eine schwere Unterlassung. Man ist versucht zu sagen, sie seien ihrer Verantwortung für das Wohl der Bevölkerung nicht nachgekommen.

Der Chef der Abteilung Epidemiology and Public Health (EPH) am SwissTPH, Nino Künzli, hätte sicher Hand geboten für eine solche Untersuchung. Das Know-How dafür ist in der Institution vorhanden, was der erwähnte Bericht klar belegt!

Und, wie Pascale Hofmeier in der bz berichtete vor einem Jahr unter dem Titel "Ultrafeinstaub aus dem Verkehr belastet Basler Gesundheit", sie führt sogar bereits punktuell Messungen durch in Basel (siehe die dazugehörigen Poster: corradiposter

(application/download, 279 KB)

)

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