Abt. Immer dieses niedergehende Kleinbasel


Zuerst dies: Wir haben uns hier an dieser Stelle immer wieder über die unsinnige Bezeichnung "Klein-Istanbul" für das Untere Kleinbasel geäussert, was aber die "Basler Zeitung" in einem aktuellen Sermon über den Niedergang des Kleinbasels nicht daran hindert, diesen Begriff erneut zu benützen. Erstens wäre aufgrund der Tatsache, dass die Deutschen schon seit längerer Zeit die stärkste Nationengruppe der ausländischen Wohnbevölkerung stellen, die Bezeichnung "Klein-Berlin" angebrachter (Deutsche: 1280, Türken: 990). Und zweitens würde den vielen "Türken" kurdischer Abstammung die Bezeichnung "Klein-Istanbul" wohl ganz und gar nicht behagen. Bei einem Schweizeranteil von 50 Prozent ist die Bezeichnung Kleinbasel aber noch immer der zutreffendste.

Aber für rechtsbürgelichen Kampagnenjournalismus spielen Tatsachen eine untergeordnete Rolle. Das zeigt sich deutlich an folgender Aussage:

"Seit 2000 blieb die Wohnbevölkerung im Clara- und Matthäus-Quartier zwar auf ähnlichem Niveau, deutlich angestiegen hingegen ist der Anteil der ausländischen Bevölkerung.

Ein Blick in die offizielle Bevölkerugsstatistik (siehe Grafik oben) widerlegt diese Behauptung deutlich. Von 2000 bis 2009 ist der Ausländeranteil im Matthäusquertier von 48,9 auf 50,4 Prozent nur marginal angewachsen (im Clara stieg der Anteil von 42 auf 45,2 Prozent). Von "deutlich angestiegen" kann also keine Rede sein.

Aber das sind Details. Massgeblich bietet der Autor des BaZ-Artikels – ja, es handelt sich um Mischa Hauswirth – einer Frau L., sekundiert durch Kleinbasler Ehrengeselschafts-Vorsitzende, eine Plattform, ihre persönliche Frustration als Hausbesitzerin loszuwerden:

"«Das neue Asylheim an der Feldbergstrasse veranschaulicht, wie egal wir Kleinbasler Hausbesitzer den Behörden sind», sagt Lüthy. «Die Regierung macht das Quartier kaputt.»"
Da ist einmal mehr davon die Rede, dass "Dönerbuden oder türkische Geschäfte" die Schweizer Handwerksbetriebe verdrängt hätten, dass der Verkehr auf der "Feldbergstrasse mehr und mehr wuchs" und dass das neue "Asylzentrum" an der Ecke Feldberg-/Klybeckstrasse zu "Lärmstörungen, zwielichtigen Gestalten auf der Strasse und einem hohen Anteil an Leuten, die auf der Strasse herumlungern würden" geführt habe.

Dass der Autor des Beitrags diese Aussage unkommentiert übernimmt, spricht für ausgesprochen mangelnde Ortskenntnisse. An der Feldbergstrasse gibt es gerade mal ein einziges Geschäft, das sich mit "Dönerbude" bezeichnen liesse. In den letzten Jahren haben sich mehr und mehr Läden von einheimischen KreativwirtschaftlerInnen (Stichwort Reh4) angesiedelt. Diverse (ganz und gar westeuropäisch-urban ausgerichtete) Bars lassen allabendlich junges Ausgehvolk, das mit türkisch-kurdischer Folklore wenig am Hut hat, über die Johaniterbrücke wandern.

Die Behauptung, dass das Kleinbasel mit Asylunterkünften überschwemmt werde, widerlegt der Autor (unkommentiert) gleich selber:

"In verschiedenen Liegenschaften rechts des Rheins leben zurzeit 338 Asylsuchende (...) Zum Vergleich: Auf Grossbasler Seite leben aktuell 415 Asylsuchende."

Zur suggerierten Verkehrszunahme: Die Feldbergstrasse ist tatsächlich stark verkehrsbelastet. Aber dies nicht erst seit kurzem. 2011 wurden an der Zählstelle Johanniterbrücke durchschnittlich 15'002 Motorfahrzeuge pro Tag gezählt. 2002 (frühere Zahlen sind auf dem Internet nicht erhältlich) waren es rund 20'000).

Alles in allem bringt aber folgende Aussage den Inhalt auf den Punkt:

"Lüthy mag als Einzelperson auftre- ten, doch sie ist nicht die Einzige, die genug hat von der «kantonalen Ansiedlungsstrategie von Asylsuchenden».
Das stimmt bestimmt. Zusammen mit dem SVP-Quartierverein Kleinbasel werden es ein paar mehr sein ...

... obschon ein aktuelles "Ansiedlungsprojekt" für Asylsuchende (Asylbewerber werden NICHT angesiedelt, sondern untergebracht), nämlich das Schiff am Grossbasler Rheinufer, ursprünglich auf einen Vorschlag eben dieser Partei zurückgeht. Aber das ist eine andere Geschichte.


chuchu

es wäre wohl eher die stadtentwicklung die das quartier kaputt machen würde. vom anderen gibt's ja schon genug.

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