Abt. Herzschrittmacher


"Lo stimulatore cardiaco" nennt Christoph Marthaler sein aktuelles Opernprojekt, das gestern im Theater Basel Premiere hatte. Ein schöner Titel, der lautmalerisch klingt wie "La forza del destino" oder "Un ballo in maschera" – eben sehr opernhaft. Das Lautmalerische sei denn auch der Ursprung des Titels gewesen, sagt Marthaler in einem Interview mit der "Tageswoche". Mit der Zeit sei der Titel aber mehr und mehr Programm geworden, ergänzt er.

Wie präsentiert sich dieser Herzschrittmacher nun auf der Bühne? Es beginnt sehr marthalerisch. Die Bühne von Duri Bischoff könnte auch von der langjährigen Marthaler-Weggefährtin Anna Viebrock sein: ein Querschnitt durch ein Dienstleistungszentrum aus den 1950er-Jahren mit einem Gewirr an Treppen, die vorne auch in den Orchestergraben führen, der in eine "fumare"- und eine "non fumare"-Zone aufgeteilt ist. Die Bühne ist so etwas wie das architektonisch umgesetzte Herz mit Arterien und Venen, durch die das Blut fliesst bzw. die stets etwas orientierungslos wirkenden Menschen strömen: Stägeli uff, Stägeli ab, oweh!

Der Abend ist der ebenso eingängigen wie gefühlsbetonten Musik von Giuseppe Verdi gewidmet: Zwei Dirigenten mit langen Bärten geben den Auftakt zur Ouvertüre, die aber nicht richtig in Gang kommen will, sondern in einer Endlos-Spirale nicht über zwei Takte hinauskommt und zum Schluss in musikalische Versatzstücke zerfällt. Beeindruckend, wie die Musiker des Sinfonieorchester Basel diese Herausforderung und all den weiteren, die folgen, meistern. Mit grosser Spiellust und toller Präsenz.

Und eben: Es beginnt sehr marthalerisch. Auf der Bühne haben sich inzwischen die typischen Marthalerfiguren eingefunden. Dem Chor sei Dank sind es dieses Mal ganz viele. Und zu einer schön geschmetterten Chorpassage weiden Chirurgen im Vordergrund einen riesigen Schwertfisch aus. Hervor kommen sie Gegenstände, die man wohl auf eine einsame Insel mitnehmen würde: ein Buch, ein Telefon, Gummistiefel etc. Und im Hintergrund tragen zwei Arbeiter im Blaumann ein Klavier treppauf und treppab, ohne wirklich ein Ziel zu kennen oder auch nur anzustreben.

Um diese etwas verzweifelte Suche nach einem Weg oder einem Ausweg geht es an diesem Abend, der alles in allem nachdenklicher und ernsthafter ist als andere Produktionen des Schweizer Bühnenkünstlers. Natürlich begegnet man auch hier den in sich zusammenfallenden und mit der Sprachlosigkeit kämpfenden Menschen. Diese Mal aber kämpfe diese Menschen mit dem unabdingbaren Ende ihres Seins, mit dem Tod.

Wunderbar der Schluss des zweistündigen Abends: die Solistinnen und Solisten, darunter Opernsänger, Schauspieler und auch eine Tänzerin, versuchen im leeren Raum, der sich kurz vor dem Ende auftut, wieder Fuss zu assen. Das heisst, sich singend wieder in die monoton vor sich hinplätschernde Musik einzuklinken. Aber es gelingt nicht. Die Stimme versagt, die Kraft reicht nicht mehr. Und ganz zum Schluss stehen sie alle hinter den geschlossenen Schiebetüren au Milchglas, die sich nun gar nicht mehr öffnen lassen. Ausgeschlossen vom Leben.


Und ...

... abgesehen vom freien Feulletonistengedeute? Wer hat die Musik geschrieben? Wer das Libretto? Muss man die Leute kennen und kurz und schnurz: Kommt man als Freund der klassischen klassischen Musik auch auf seine Kosten?

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Ist alles ...

... und nur von Giuseppe Verdi (Otello, Falstaff, Il Trovatore und geistliche Sachen). Von wem die Libretti alle stammen, weiss ich nicht, die Zwischentexte kommen vom Ensemble. Allerdings wird die Musik etwas seziert ...

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