Abt. Mikropolitik - heute: "Nachhaltigkeit" my ass


Die sich inzwischen als Fehlprognose erwiesen habende Studie des Immobilienbüros Wüest & Partner von 2005 gibt den Takt vor in Sachen Grünflächenvernichtung. Der nie demokratisch legitimierte kantonale Richtplan von 2009 macht explizit daraus eine für die Verwaltung verbindliche Leitlinie. Ein paar Tausend Menschen wehren sich mit Petition und Initiative gegen deren ihre Lebensqualität unmittelbar einschränkende blinde Umsetzung. In zähen Verhandlungen ringt ihr Komitee dem Parlament und der Regierung, die mit fadenscheinigen Argumenten verbissen am Buchstaben des Richtplans - fundamentalistisch? - festhalten, einige Konzessionen ab. Diese sollen schliesslich, um den klassischen Interessenkonflikt zwischen Regierung und Regierten beizulegen, an der Urne bestätigt werden. Das - "in a nutshell" - die Kurzfassung der Auseinandersetzung um die Familiengärten in Basel-Stadt bis dato. Was ist die Folge dieses halbwegs normalen politischen Vorganges mit, fast, einem Happy End? Die üblichen Verdächtigen in Handelskammer, Gewerbeverband, bürgerlichen Parteien und ihre zugewandten Orte bei u.a. SP und GLP laufen Amok! Anders ist das "2 X Nein"-Komitee "für eine nachhaltige Stadtentwicklung", seine Zusammensetzung (inkl. SP-Strahlemann und Geschäftsleiter des Rockfördervereins Tobit Schäfer) und dessen Argumentation nicht zu erklären. Dazu fällt einem nur ein:


Aufstand, Amoklauf ...

... was sind denn das für Worte. Aber aber. Die Familiengardisten wollten eine Abstimmung, jetzt bekommen sie sie.

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Der "Aufstand"

kam von Dir. Und wenn Gewerbeverband und Anhang aus reinem Egoismus und Wahlkampfkalkül einen einigermassen wohlaustarierten Kompromiss kaputtschlagen und sich dabei eine blutige Nase holen wollen, dürfen sie das wohl. Nur vernünftig ist das nicht.

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Und wenn die Familiengarteninitianten ...

... trotz dieses, wie Du schreibst, "wohlaustarierten" Kompromisses auf einer Abstimmung beharren und sich damit vielleicht selber die Nase blutig schlagen, dann dürfen sie das, ist aber ziemlich unvernünftig.

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Dir wär also

lieber, der in Hinterzimmern ausgedealte, nicht demokratisch legitimierte Schacher des "Gegenvorschlag plus" würde stillschweigend Gesetz? Klar, es ist für das Anliegen riskant, die Vorlagen (Initiative und Gegenvorschlag) an die Urne zu bringen. Das Gekeife der usual suspects von rechts und links gegen die Entscheidung der FamiliengärtnerInnen für eine Abstimmung als Symptom analysiert, ergäbe wohl da und dort Hinweise auf ein merkwürdiges Demokratieverständnis der Schreihälse. Wie auch immer die Abstimmung ausgeht: Die kommenden Wochen werden einige interessante Offenbarungseide zutage fördern. Darauf bin ich sehr gespannt. Pour le reste: On verra!

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Jetzt stimm doch auch Du noch ein ...

... in das Halleluja auf die direkte Demokratie (die alle niedergelassenen Nicht-SchweizerInnen ausschliesst), die uns ein Minarettverbot, eine Aussschaffungskeule, ein Waffentraggebot, Ein Defizit für das Theater, ein Parkplatzüberangebot und nun vielleicht auch noch eine Watsche für die Familiengärtner eingefangen hat und noch einfangen wird. Demokratie darf doch nicht die unbedingte Diktatur der Mehrheit sein. Kompromiss ist doch kein (oder zumindest nicht immer ein) Schimpfwort.

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ich will

mich hier ja keinesfalls in eure lokalpolitischen querelen einmischen. aber eine frage hätte ich dann schon noch, vor allem an ppp, der eigentlich ja nicht der dümmsten einer ist: seit wann hat denn abstimmen in diesem land was mit demokratie zu tun?
in diesem sinne schliesse ich mich dem vorredner an, der eigentlich schon fast das gleiche zum ausdruck gebracht hat, wie ich leider erst jetzt festgestellt habe.

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Jajajaja,

wenn Abstimmen etwas ändern würde, wär es verboten, ich weiss. Diese zynische Sicht ist mir natürlich nicht fremd. Aber als Möglichkeit enthält das Prinzip der Abstimmung doch genügend theoretisch empanzipatorisches Potential, dass es bis auf weiteres nicht aufzugeben ist. Die Abstimmungen, die supra aufzählt, hätten eben auch immer ganz anders ausgehen können. Die Themen mussten immerhin diskutiert werden.
Auf kantonaler Ebene reichen in Basel-Stadt 3'000 Leute, die sich hinter ein Anliegen stellen, und das Geschäft kommt auf die Traktandenliste der offiziellen Politik. Solange Regierung und Parlament über viele Bereiche meines Lebens bestimmen können, will ich an dieser Möglichkeit des innerkonstitutionellen Protestes / der kollektiven Einmischung festhalten. Die ausserparlamentarischen Formen gibt's als "fallback" ja zum Glück immer auch noch.
Viele Einwände gegen das direktdemokratische Verfahren sind mir bekannt. Und haben alle was für sich. Die anderen könnt ihr gerne auch noch aufzählen. Dann erklärt mir aber bitte auch, was in Basel besser liefe, wenn z.B. Guy Morin herrschen könnte à la Kim Jong-Il. Oder wenn Natalie Rickli Kaiserin der Schweiz wär. Wollt ihr lieber das Modell "gütigeR HerrscherIN"???
Die Verhältnisse sind eigentlich komplizierter, zugegeben. Aber so als grobe Richtschnur würd ich sagen: Alles, was die Macht von Menschen über Menschen bricht, ist besser als sein Gegenteil. Und vorläufig sind Abstimmungen weiterhin ein fallweise opportunes Mittel zu diesem Zweck. Dass sie auch ins Gegenteil kippen können, ist dabei natürlich immer mitzudenken. Einwände?

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ich würde die aussage, wenn abstimmungen etwas ändern würden, wären sie schon längst verboten, schon lange nicht mehr unterschreiben. was mir aber sauer aufgestossen ist, war deine implizite aussage, nur eine volksabstimmung könne demokratische legitimation herstellen und nicht etwa ein parlamentsentscheid. das halte ich für eine völlig verfehlte überbewertung der direkten demokratie. die ja eben gerade in letzter zeit allzu deutlich bewiesen hat, wie stark man sie sich kaufen kann. bzw. wie sehr bei diesem prozedere oft auf jegliche legalität gepfiffen wird. diesbezüglich hat meines erachtens die parlamentarische demokratie weniger legitimationsprobleme. (wobei es mir ehrlich gesagt ohnehin ein bisschen komisch vorkommt, wenn ausgerechnet ich hier die bürgerliche demokratie verteidige ...)

p.s.: und inwiefern eine abstimmung emanzipatorisches potential enthalten soll, solltest du mir einmal erklären.

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