patpatpat, 24. Oktober 2010 um 13:30:00 MESZ Abt. Werbetrends - heute: Pädophil-Appeal Unsere Freunde in der Werbung suchen ja berufsbedingt ständig nach neuen Tabus, die sie brechen können. Denn nur mit eklatanten Tabubrüchen übertreten sie noch die Reizschwelle zu unserer eigentlich bereits mehr als gesättigten Aufmerksamkeit. Diese Aufgabe bravourös erfüllt haben mit dem ganzseitigen Inserat für Richner in der SoZ heute die dafür Verantwortlichen: Urban Braun, Leiter Marketing & Kommunikation CRH Gétaz Group, Bettina Eyholzer, Leiterin Marketing, Julie Garnero; Project Manager, Verantwortlich bei Noise AG: Christian Frey (Strategie/Gesamtverantwortung), Patrik Giacobbo (Creative Director), Frederic Keller (Art Direction), Max Biedermann (DTP, Produktion), Romi Stern (Fotografie).
Ob Richner allerdings gedient ist damit, dass die Werbung der Bude sich Pädophilen anempfiehlt, wage ich zu bezweifeln. Der Stern schrieb mal: Mach selber den Reality-Check und zeige das Inserat ohne Vorbemerkung einer Mutter von kleinen Kindern und frag sie, was sie davon hält. UPDATE: Drüben bei Facebook les ich, dass offenbar nicht nachvollziehbar ist, was es mit dem Inserat auf sich habe. Drum explizit hier meine Argumentationslinie:
Ein, vielleicht, 8jähriges Mädchen, in ärmellosem Unterhemd und Kinderslip, im Badezimmer auf einem Simsen knienend, mit der rechten Hand den Puderpinsel an der Wange, die linke Hand im Schritt: Stell Dir kurz vor, das wär eine über 16jährige Frau. Dass mit dem Bild erotisch / sexuelle Anspielungen transportiert werden, darüber wären wir uns wohl, auch bei sehr zurückhaltender Interpretation, rasch einig. Oder? Und das wär soweit übliche, sexualisierte, eventuell sexistische Werbepraxis, der Normalfall. Nun ist die Person, die hier als Objekt verwendet wird, aber ein kleines Mädchen.
Sagen wir mal so: Wollte die Agentur mit dieser 8jährigen keine erotisch / sexuellen Anspielungen in das Inserat einbauen, gäbe es sicher andere Bildmotive für die Werbung des Badezimmereinrichters Richner. Darum erfüllt das Inserat für mich den Tatbestand des "Pädophil-Appeal". Nachvollziehbar?
ridikühl, 24.10.10, 19:25
...und wenn das Dolly Buster wäre
dann wär die sexuelle Anspielung noch deutlicher. Klar. Ja, wenn es Dolly wäre. Es ist aber nicht Dolly. Sie ist nicht mal 16. Sondern eben höchstens 8. Ich finde den Vorwurf des Pädo-Appeal übertrieben. Und es wäre ja auch kritisch, wenn man Kinder vor lauter Panik nur noch in päderastenblick-dichten Kleidern und in komplett unverfänglichen Posen ablichten dürfte. Also kein lustiges Reiten auf einem Gampiross, kein heiteres Auf und Ab auf einer Gigampfi mehr. Stell dir vor, die Assoziationen...! ... Link
patpatpat, 24.10.10, 20:00
Näh, da zieh ich jetzt nicht ganz
mit. Es geht nicht um Panikmache oder Panikvermeidung. Nicht um Puritanertaliban vs. Libertinagepropagandist. Sondern um möglichst nüchterne Analyse der Bildsprache unter Berüchsichtigung des Zwecks, wozu sie eingesetzt wird. Das Gampiross- und Gigampfi-Argument ist mir da etwas zu grobschlächtig, verehrte(r) ridikühl. Können die Damen und Herren von Eikones sich vielleicht mal zu Wort melden, bitte! Oder ist das den TheoretikerInnen eine allzu praktische Fragestellung? ... link
hanswurscht, 24.10.10, 20:57
Auf Eikones
... würde ich nicht warten. Aber mir scheint auch, dass das eine Hyperreaktion ist. Auf diese Assoziationskette muss man auch mal kommen und die Hand als "am Schnitt" bezeichnen ist schon ziemlich oversexed! Scheint mir eine hilflose Gutmenschen-Reaktion auf die sexualisierte Bilderflut unserer Tage zu sein. ... link
ridikühl, 24.10.10, 21:36
ff.
Ich hab mich nur zum Vorwurf des Pädo-Appeals geäussert. Etwas anderes ist die Bedeutungsverschiebung von Kind in Richtung junge Frau, die in diesem Bild stattfindet - aber nicht im Sinne einer Verfügbarmachung für die Fantasien Perverser, also nicht Kind als Sex-, sondern Kind als Markt- bzw. Marketingobjekt. "Spieglein, Spieglein an der Wand" ist ja so was wie die Genesis der Kosmetikbranche. Und hier gilt, wie überall im Konkurrenzkapitalismus: je eher desto besser. Der Puderpinsel an der Wange und das smiling face zeigen an, wie man sie gerne hätte, die Konsumentinnen von morgen. Auch hier gilt: Früh übt sich. Der Spiegel, den hier Richner freundlicherweise zur Verfügung stellt, steht sinnbildlich für die fortdauernde Aufforderung, auch immer schön an uns zu arbeiten. Zum Wohl der Gesamtheit. ... link ... Comment
bugsierer, 24.10.10, 20:57
degoutant
ich bin deiner meinung. tuumatsch. total unsensibel im bezug auf den gegenwärtigen diskurs zu diesem thema. ... Link ... Comment
NetterOnkel, 24.10.10, 21:02
Holo
Noch nie etwas von der Holocaustkampagne der Peta gehört? Und: Nicht nachvollziehbar. ... Link ... Comment
lava, 24.10.10, 21:45
Du hast noch vergessen, den Wasserhahn (und erst recht den Puderpinsel!) als Phallussymbole zu identifizieren. Aber ich finde, du übertreibst auch so. Oder denkst du, die von Richner haben es darauf angelegt, dass mehr Pädos deren Waschbecken kaufen? ... Link ... Comment
patpatpat, 24.10.10, 22:37
Merci!
allen Antwortenden! Auch für den "hilflosen Gutmenschen" (@hanswurscht, by the way: es heisst tatsächlich "Schritt" und nicht "Schnitt"! Und Deinen Verschreiber wollen wir jetzt nicht weiter interpretieren!)! Lerne immer wieder dazu. Auch und gerade wenn ich nicht eurer Meinung bin! ... Link
friedman, 24.10.10, 22:48
mann muss ja nicht ...
... jedesmal, wenn du einen bestimmten lebensabschnitt durchschreitest (in diesem fall den sensiblen kindsvater) direkt einen neuen gesellschaftsvertrag entwerfen. ich hatte keine sexuellen assotiationen. bin ich deshalb untersexualisiert (kann ich mir eigentlich nicht denken)? deine theorie macht sowieso nur sinn, wenn die werber die zahl der pädosexuellen so hoch einschätzt, dass sie ein einträgliches marktsegment ausmachen. und wenn dem tatsächlich so wäre, müsste man die pädosexuellendiskussion nochmal ganz von vorn beginnen. dann wäre es nämlich keine krankhafte perversion, sondern eine natürliche sexuelle orientierung wie homosexualität oder heterosexualität. und dann haben wir ein ziemliches problem ... ... link
patpatpat, 25.10.10, 00:54
@friedmann
Pädosexuelle als grosse, drum einträgliche Zielgruppe? Näh, von dieser marketingtechnischen Annahme würd ich jetzt mal nicht ausgehen. Natürlich ist trotzdem alles an dem Bild gesetzt, also nichts zufällig. Für das Verständnis dessen, was mit diesem Gezeigten zunächst gewollt sein könnte (denn das ist eigentlich schon schwer genug zu verstehen: Was soll die 8jährige in der Kulisse eigentlich verkaufen?) find ich ridikühls Vorschlag, wenn ich das so sagen darf, äusserst produktiv. ... link
orim, 28.12.10, 02:17
Unter diesen Umständen ein Insider: So habe etwa auch die Musikindustrie erkannt, dass sich über diesen Aufhänger vergleichsweise einfach eine Infrastruktur für Stopp-Schilder in einzelnen Ländern aufbauen lasse. Damit verknüpft sei die Hoffnung, eine solche dann einfach auf Angebote mit urheberrechtsverletzenden Inhalten auszudehnen. http://www.heise.de/ix/meldung/27C3-Mehr-Nerd-Lobbyismus-gefordert-1159317.html http://www.futurezone.at/stories/1665049/ ... link ... Comment Read more infamous news! |
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