Abt. Scheinargumente II - heute Valentin Kressler


Wenn ihnen die rationalen Argumente ausgehen (genau genommen hatten sie nie welche), bringen sie die "Interessen des Kantons" gegen die Landhof-Initiative in Anschlag. So gestern baz-Lokalredaktor Valentin Kressler in seinem Kommentar pro Überbauung Landhof:

Man kann die Anwohner und Nutzer gut verstehen, die sich ihr «Paradies» mitten im Oberen Kleinbasel nicht nehmen lassen wollen und sich darum mit aller Kraft gegen eine Überbauung zur Wehr setzen. Nur: Bei dieser Abstimmung sollte man sich nicht von Partikularinteressen oder nostalgischen Gefühlen – der Landhof ist die einstige Heimstätte des FC Basel – leiten lassen. Das Areal wird heute nur von einer verschwindend kleinen Minderheit genutzt und ist, so haben mehrere Augenscheine ergeben, meistens menschenleer. Von einer sinnvollen Nutzung im Interesse des Kantons kann beim besten Willen keine Rede sein.
In einem ersten Zug degradiert er die Anliegen der direkten AnwohnerInnen zu "Partikularinteressen", die er im zweiten Streich mit dem Gewicht der "Interessen des Kantons" pulverisieren kann. Kressler hat aber noch mehr im Köcher:
Der Kanton Basel-Stadt, der in den letzten Jahrzehnten einen dramatischen Schwund an Einwohnerinnen und Einwohnern zu beklagen hatte – heute leben gerade einmal noch knapp 191'000 Menschen im Stadtkanton –, ist zudem dringend auf zusätzlichen attraktiven Wohnraum angewiesen – wie dies die geplante Landhof-Überbauung bietet. Spätestens seit dem 1999 im Aktionsprogramm Stadtentwicklung formulierten Ziel, 5000 neue Wohnungen für Basel-Stadt zu schaffen, schien hier bei den konstruktiven politischen Kräften im Kanton Konsens zu herrschen. Aufgrund des breiten Widerstands gegen eine Überbauung auf dem Landhof ist dies heute aber offenbar leider nur noch sehr bedingt der Fall.
Weil's ihm nicht in den argumentativen Kram passt, verschweigt Kressler, dass die Einwohnerzahl seit 10 Jahren nahezu konstant ist, ebenso die Wohndichte (70 Personen pro Hektare). Dafür wiederholt er die willkürlich gesetzten 5'000 Wohnungen, eine Idee aus der Küche von Barbara Schneider, und erklärt all jene für "unkonstruktiv", die an deren Sinnhaftigkeit sich Zweifel erlauben. So einfach geht das als BaZ-Redaktor: Marginalisieren ("Partikularinteressen"), stigmatisieren ("nicht im Interesse des Kantons", "unkonstruktiv") und fertig. Was aber sind "die Interessen des Kantons", bezogen auf den Landhof? Steuerzahler? In 80 Wohnungen, davon die Hälfte Alterswohnungen, sind das - bei einer Belegung im Kantonsdurchschnitt von 1,9 Personen - aufgerundet 200 Menschen, von denen aber lange nicht jedeR Steuern zahlen wird, sei es weil zu jung oder nicht erwerbstätig oder zu wenig gut situiert. Vielleicht sind es 100 Steuerzahlende, die auf dem Landhof wohnen werden. Wer garantiert aber, dass netto die Anzahl Steuerzahlende im ganzen Kanton damit auch tatsächlich um 100 steigt? Niemand. Alleine 2008 sind 14'169 Menschen in den Kanton BS gezogen und 12'135 aus dem Kanton weggezogen. Da liegen die 200 auf dem Landhof im Bereich des statistischen Rauschens. "Die Interessen des Kantons"? Eine nüchterne Betrachtung sagt: Die Anzahl Steuerzahlende kann damit nicht gemeint sein. Was dann? Warum blasen Regierung, Initativgegner und baz das Thema zum "Interesse des Kantons" auf? Die These dazu kommt noch. Erst aber ein Exkurs.

Was, wenn es für Basel einen Wohlfühlindex gäbe, einen pro Quartier, vielleicht sogar pro Strassenzug? So wie das Bruttosozialprodukt. Einen Wohlfühlindex, basierend auf einem Mix aus objektiven und subjektiven Parametern (Hallo Humangeographisches Institut? Mach Dich mal nützlich!). Und nehmen wir an, der Wohlfühlindex wäre für das weitere Umfeld des Landhofs im Moment: 100. Was geschähe mit diesem fiktiven Wohlfühlindex, wenn diese grüne Oase teilüberbaut würde? Ginge er hoch? Ginge er runter? Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass die Diskussion im Moment nicht um die Veränderung dieses Faktors geführt wird, dessen Optimierung eigentlich die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der Regierung sein sollte, denn dazu ist sie implizit da. Und zu sonst gar nichts. Warum es diesen Faktor in der Diskussion nicht gibt, ist eine andere Geschichte (Repeat: Hallo Humangeographisches Institut? Mach Dich mal nützlich!). Stattdessen wedeln die Initiativgegner mit der ziemlich leeren Worthülse "Interessen des Kantons". Eine Worthülse, die - und jetzt kommt die These - nur dazu dient, Machtinteressen der Regierung durchzudrücken: Bleibt der Landhof grün, kann sie einen Punkt ihres Politikplans nicht in ihrem Sinne abhaken. Wird die Landhof-Initiative angenommen, hat das auch die Konsequenz, dass am nächsten Investorengespäch, wenn die Regierung wieder Filetstücke des Kantons zur Überbauung anpreist, die Financiers mit den dicken Portemonnaies fragen werden, ob die Exekutive denn auch garantieren könne, dass keine Initative ihren Interessen in die Quere kommen werde, wie unlängst beim Landhof... Mehr "Interesse des Kantons" ist da am Ende des Tages nicht. Oder, Herr Kressler?

P.S. baz-Lokalchef Patrick Marcolli übrigens, wie in den .pdfs seiner Artikel drüben auf der Site des Zentralverbands der Familiengärtenvereine Basel, in der Rubrik "News" nachzulesen, stützt die Überbauungspläne von RR Wessels für Teile der baselstädtischen Familiengärten mit exakt denselben hohlen, obigkeitshörigen Argumenten, wie sie auch sein Untergebener Kressler pro Überbauung Landhof präsentiert. Die Wessels Plänen im Weg stehende Initative "Rettet die Familiengärten in Basel-Stadt" soll ebenfalls dieses Jahr vor's Volk kommen. Im Vergleich zu jener Auseinandersetzung, ist die Diskussion jetzt um den Landhof ein sanftes Vorspiel, um die Argumente zu schärfen und die Stimmung zu testen.


Die einzigen, die auf dem Landhof "Partikularinteressen" haben, sind ein gewisses Architekturbüro (welches den Zuschlag für die Überbauung bekommen hat und es im Abstimmungskampf an vornehmer Zurückhaltung zu wünschen übrig lässt - s. Impressum der Kampagne "Landhof für alle") und die Alibi-Genossenschaft (nicht die Wohngenossenschaft Landhof), die dereinst die drei Blocks übernehmen würde.

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wiedervereinigung von BL/BS

dann hat der Kanton BS keine Platz- und Wohnprobleme mehr ... (und by the way auch keine Parkplatzprobleme)

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man kann...

... auch gegen die überbauung des Landhofs sein, ohne die wohnungsbaupolitik der regierung grundsätzlich in frage zu stellen. verdichtung ja - aber nicht ausgerechnet im quartier, das bereits die höchste wohndichte und den kleinsten freiraum-anteil der stadt hat.

wie wär's mit einer riesigen genossenschafts-überbauung auf dem Bruderholz? rund um das türmli da oben ist noch platz, und der wird nur am 1. August 'im interesse des kantons' genutzt, wenn ein regierungsmitglied dort seine propaganda verkünden darf.

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Vorsicht

mit Superlativen...!

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gute idee: auf dem bruderholz-türmli

könnte man eine baubar eröffnen

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Blablabla...

Peinlich peinlich, wie wegen so einem Wiesli in einem Kleinbasler Innenhof mal wieder die Seele einzelner Basler kocht. BS braucht neue Wohnungen, sonst ziehen halt noch mehr ennet den Dorenbach.

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Gib mir

ein einziges, wirklich hartes, überzeugendes Argument dafür, dass die Wiese auf dem Landhof überbaut werden soll! Ein einziges! Verbessert sich die Situation der Anwohner in ihrem Sinne gegenüber jetzt? Nein. Wird der Wohnungsbestand im Kanton dadurch substanziell erhöht? Nein. Rettet nur eine Teilüberbauung die verbleibende Grünfläche? Nein. Bleibt ohne Ueberbauung der Landhof für immer wie er jetzt ist: renovationsbedürftig? Nein. Holt allein die Ueberbauung netto garantiert neue Steuerzahler in den Kanton? Nein. Zieht die Ueberbauung an der Lage gutbetuchte Steuerzahler in den Kanton? Nein. Steigt die Einwohnerzahl im Kanton netto nur wenn überbaut wird? Nein. Sind wichtige andere Projekte direkt an die Realisierung der Ueberbauung gekoppelt? Nein. Nimmt der Verkehr im Quartier ab mit der zur Ueberbauung geplanten Tiefgarage für 220 Autos? Nein. Garantiert die Ueberbauung „mehr Einwohner, weniger Pendler“, wie Regierungsrat Wessels verspricht? Nein. Sind Wohnbaugenossenschaften sonst chancenlos im Kanton? Nein. Entsteht dort garantiert wirklich günstiger Wohnraum? Nein. Profitiert der Kanton als Ganzes von der Netto-Abnahme seiner Grünfläche? Nein.

Das hat nichts mit "kochender Seele" zu tun. Check erst Mal Deine Argumente! Und komm zurück, wenn Du welche hast.

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die argumente

aus der baz-lokalredaktion bleiben wahrlich überzeugend, wie der letzte kommentar zeigt. auch sehr schön: dass in derselben ausgabe, in der v.k. mehr gebaue fordert, ein paar seiten weiter hinten ETH-Ewald die unsägliche tendenz der schweiz, ihr land wahllos mit "siedlungsklumpen" zuzupflastern, beklagt.
aber eben, erst ein paar seiten weiter hinten.

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Ich könnte grad so gut (fast) alles, was du jetzt gesagt und mit Nein beantwortet hast, wiederholen und mit Ja beantworten...

Und entschuldigung: Wem nützt denn der Landhof so, wie er heute ist? Niemandem! Eine heruntergekommene Wiese ist das, nichts mehr. Brachland.

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gopferdamminonemol

wieso muss jeder hinterletzte quatratmeter ausgenutzt werden? nützt euch doch einen hinten rein und geniesst die letzten brachen bevor sie von stadtentwicklern, sozischwätzern und der betonmafia umgenutzt worden sind

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@suburbansky

1. Dann werd konkret! Und sag, wo Du "Ja" antworten würdest. Damit ich Dich widerlegen kann. Behaupten ist schlechter baz-Style.
2. "heruntergekommene Wiese", "Brachland"? Nun ja, das kannst Du Dir gerne einreden, wenn es Dir dann leichter fällt, die Baumaschinen auf die Wiese zu schicken. Verglichen mit dem Sportplatz Schützenmatte magst Du sogar recht haben. Aber zum einen werden Dir die grossen und kleinen NutzerInnen des Areals sicher widersprechen. Seien es der Initiative nahestehende oder andere. Und: Warum wohl hat sich der Kanton, Eigentümer des Landhofs, in den letzten 9 Jahren, seit der FCB sich von dort zurückgezogen hat, nicht sorgfältiger um die Anlage gekümmert? Ob er sich wohl absichtlich so verhielt, wie jeder x beliebige Immobilien-Spekulant, der eine Abbruchbewilligung für eine Altbauliegenschaft braucht?

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Go for it PPP

aber lern dich kürzer zu fassen. partikularinteressen haben auch einige lokalpolitiker mit begehrlichem blick auf spätere verwaltungsratssitze. und der kressler muss sich nicht wundern, dass auf einer wiese im februar bei dauerregen nicht so viel los ist.

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