Abt. "Zunehmende Mediteranisierung"


Aller guten Dinge sind drei, möchte uns das Basler Baudepartement weismachen, und schickt den beiden unten beschriebenen positiven Nachrichten eine dritte nach, die so verschwurbelt formuliert ist, dass manche vielleicht tatsächlich darauf reinfallen und glauben, sie sei positiv. Es beginnt noch einigermassen verständlich im Titel:

Das Baudepartement sucht den Interessenausgleich zwischen einer lebendigen Gastronomie und dem Ruhebedürfnis von Anwohnenden
Das kann ja eigentlich nicht gut gehen. Doch doch, meint das Baudepartement, denn es hat nach eigenen Angaben objektive Instrumente geschaffen, wie sich der Belästigungsgrad messe lasse:
Das Amt für Umwelt und Energie (AUE) beurteilt in Zukunft Gesuche für neue Restaurants und Veranstaltungsräume, für verlängerte Öffnungszeiten oder bei Reklamationen der Anwohnenden wegen Gästen, die sich lautstark vor Lokalen unterhalten, Rufen und Lachen, Autotüren schletzen, Kavalierstarts und Suchverkehr erzeugen (so genannte Sekundärlärmimmissionen) mit Hilfe eines eigens dafür entwickelten Instrumentariums.
Ein Akzeptanzgradmesser? Wau. Wir staunen. Staunen vor allem darüber, dass dies das Baudepartement tatsächlich ernst meint:
Das Instrument besteht aus zwei Teilen: einem Plan der zulässigen Störgrade, wobei die Lärmempfindlichkeitsstufe, der Wohnanteil, die Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs und der Parkplatzangebote die Höhe des zulässigen Störgrades bestimmen. Die Projektverantwortlichen berücksichtigten aber auch die bereits vorhandene Lärmbelastung, die Konformität mit der Stadtplanung und Stadtentwicklung sowie die bisherigen Gerichtsentscheide. Der zweite Teil des Instrumentes besteht aus einem Beurteilungsformular, das aufgrund der zu erwartenden Zielgruppe, der Besucherzahl und der vorgesehenen Öffnungszeiten sowie weiteren Betriebsdaten den vorhanden Störgrad berechnet.
Der Störgrad lässt sich also berechnen. Das ist schön, denn:
Staatliches Handeln muss sich entweder über eindeutige rechtliche Grundlagen oder aber durch eine breite Abstützung bei der Festlegung des "Massstabes" legitimieren. Das Instrument trägt diesen Thesen Rechnung. Es objektiviert das Bewilligungsverfahren, macht Behördenentscheide transparent und verringert den Aufwand für die Gesuchsbearbeitung.
Und wir sehen die Beamten (die ja keine mehr sind) vor uns, wie sie den Störgrad objektiv berechnen und glauben nicht so richtig an eine Verringerung des Aufwandes.

Kommen wir zum zweiten Teil der Mitteilung, die etwas besser verständlich, deshalb umso schwieriger verständlich daherkommt:

Regelung der Öffnungszeiten für Bewirtung im Freien in der Innenstadt
Ou ou ou! Wollen wir das wirklich wissen? Ja, wir wollen:
Das Baudepartement regelt die Öffnungszeiten für die Bewirtung im Freien in der Innenstadt. Es hat dabei durch eine differenzierte Einteilung Gebiete mit den schweizweit liberalsten Öffnungszeiten geschaffen und damit der zunehmenden "Mediteranisierung" der Lebensgewohnheiten Rechnung getragen.
Oha. Schweizweit liberalste? Das hatten wir doch einmal, bis alles wieder rückgängig gemacht wurde. Aber lesen wir doch weiter:
Die Innenstadt wird in vier Gebiete eingeteilt. In den mit einer unterschiedlichen Anzahl Sternen bezeichneten Gebieten gelten unterschiedliche Öffnungszeiten:

  • Im 5 Sterne-Gebiet (Heuwaage, Steinenvorstadt, Steinentorstrasse, Barfüsserplatz) mit der liberalsten Regelung ist die Bewirtung im Freien werktags von 05:00 bis 01:00 Uhr, am Wochenende bis 02:00 Uhr erlaubt.
  • Im 4 Sterne-Gebiet (Aeschenvorstadt. Freie Strasse, Fussgänger-Ypsilon, Schneider- und Münzgasse, Blumenrain, Teile der Rheinufer, Greifengasse, Clarastrasse, Untere Rebgasse, Kasernenareal, Teile des Riehenrings, Wettsteinplatz) ist die Bewirtung im Freien werktags von 06:00 bis 24:00 Uhr, am Wochenende bis 01:00 Uhr erlaubt.
  • In den übrigen Gebieten der Lärmempfindlichkeitsstufe (ES) III, dem so genannten 3 Sterne-Gebiet, ist die Bewirtung werktags von 07:00 bis 23:00 Uhr, an Wochenenden bis 24:00 Uhr möglich.
  • In den 2 Sterne-Gebieten der ES II darf die Bewirtung von 07:00 bis 22:00 Uhr bzw. 23:00 Uhr dauern.
Bewirtung bis 01:00 Uhr. Schwer zu glauben, dass es sich hierbei um die schweizweit liberalste Regelung handelt. Bewirtung im Freien ab (sic!) 05:00 Uhr vielleicht schon eher. Aber das Baudepartement glaubt selber nicht so richtig daran, und nimmt sich in der selben Mitteilung gleich zurück:
Die Regelungen im 5- und 4 Sterne-Gebiet zählen zu den liberalsten ...
Aha. "...zählen zu den liberalsten ...", das klingt doch schon etwas realistischer. Zu den 26 liberalsten Regelungen in der Schweiz vielleicht? Das Baudepartement ist auf alle Fälle mit sich sehr zufrieden:
Das Baudepartement hat mit der klaren Regelung eine Interessenabwägung zwischen dem legitimen Bedürfnis der Innenstadtbesucher an attraktiven Unterhaltungsangeboten und dem Ruhebedürfnis der Bewohner vorgenommen.
Und wir sagen: Bonne nuit.

Liberal...

bezieht sich dann wahrscheinlich auf die gesamte pro Tag erlaubte Öffnungsdauer...und wenn man hinten schon früh schluss machen muss, dann fängt von vorne halt früher an. clever gelöst...

andererseits bietet das auch möglichkeiten für kreatives ausgehen. erstmal bis 01:00 in die bar, dann kurz nach hause und um 05:00 geht's dann weiter...

... Link

Early Hours?

... link


... Comment
ich bin ...

... ja - fast - immer auf der seite der staatsangestellten in ihrer funktion als lohnabhängige, denen wie allen lohnabhängigen, für weniger geld und freizeit mehr arbeit abvelangt wird. wenn ich aber sehe, für was die im babsis baudep alles zeit haben, scheint mir ein drastischer stellenabbau nicht nur vertretbar sondern dringend nötig. denen ists ja so lanweilig, dass sie sich förmlich drum gerissen haben, das gastgewerbegesetz umzusetzen. und was dabei rauskommt (öffnungszeiten, bestuhlung etc, etc, etc,) lässt vermuten, dass babsi ihre leute in der puk rekrutiert.

... Link

...oder vielleicht...

... beim vpod?

... link

kaum ...

dass gewerkschafter freiwillig bei gleichem lohn mehr arbeit auf sich nehmen wäre ein novum. aber vielleicht sinds ja vpod-mitglieder aus der puk (ich mein aber nicht das pflegepersonal.) jedenfalls die beknackte tante, die sich die neuen boulevard-regeln ausgedacht hat, ist sicher nicht im vpod.

... link

Könnte es sein,...

dass der fiese Drahtzieher hinter allem weder die UPK noch der VPOD, sondern das Stadtmarketing ist? Immerhin wird die Stadt so Stück für Stück immer attraktiver für jene reichen Greisenkreise, die den geilen Citykick noch immer amüsant finden, aber leider den damit in den meisten in Frage kommenden Städten verbundenen Saukrach nicht mehr so gut vertragen. Liebe Sabä H., lass deine Jungs doch schon mal ein paar Vorschläge betr. Steuererleichterungen für Zuzüger ab 80 zu Evas Handen ausarbeiten. Wa mainsch?

... link

Tja, früher...

...haben wir die Bewilligungen für unsere illegalen Kellerbars immer Ruckzuck gekriegt.
Ich versteh die Aufregung nicht ganz.
Als Partyzone eignet sich der Florabeach doch auch ausgezeichnet. Gratis Musikbeschallung inklusive.

... link

mein reden hkm

und so wirds auch wieder sein. ne party, wo der zapfenstreich nicht mit tränengas geblasen wird, ist sowieso nur ne halbe sache.

... link

Eben.

Ich gestehe. Ich hab damals für das neue Gastro-Gesetz gestimmt. Weil mehr Zurückschneiden in diesem Falle die schöneren Blüten treibt.
Und weil das generöse Ausschenken von Alkoholika zum Zwecke der persönlichen Bereicherung doch nur sehr am Rande mit Jugendkultur was zu tun hat.

... link

@ hkm

Wo bleibt die Kohärenz, Verehrtester? Für illegale Bars die Bewilligungen ruckzuck gekriegt? Ähm, wer den inneren Widerspruch nicht findet, spendiert einen Preis.

... link

Herrje, vox!

Schneller als eine geht keine. Wir holten uns die Bewilligungen ja auch nicht hier.

... link

Darauf trink ich!

Bloss, was denn? Wieviele Promille sind wo in Basel von wann bis wann und bis wann noch erlaubt? Oder ist illegales Saufen auch lustiger als sanktioniertes? Don't bogart that joint my friend, pass it over to me.

... link


... Comment

Read more infamous news! 
 
infamous for 8147 Days
Sperrfrist: 02.09.24, 09:53

Kontakt:
infamy-Kollektiv
Basel
E-Mail



status
Youre not logged in ... Login

menu
... infamy home
... such!
... topics
... 
... Home
... Tags

... antville home
... disclaimer


November 2024
So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.
12
3456789
10111213141516
17181920212223
24252627282930
September




Für die Kaffeekasse:
Neuzugänge:
Abt. Keintunnel Nicht
vergessen, die Auto-Nerds wollen Milliarden in den Autobahnbau verlochen. Das ist sowas...
by bagger (02.09.24, 09:53)
Abt. Witz des Tages "Es
soll sogar prominente Klimakleber geben, die Flugreisen nicht grundsätzlich ablehnen,...
by bagger (15.06.24, 18:30)
Abt. Wohnschutz schützen Wenn die
Investoren husten, haben Basels Bürgerliche Grippe In einem beispiellosen Akt...
by bagger (15.06.24, 10:21)
Abt. Leckerschlecker The DEA
Northeast Laboratory (New York, New York) recently received a submission of...
by fuzzy (26.02.24, 12:06)
Abt. Wo-Wo-Wochenschau!
Männiglich fragte sich, was eigentlich Fonzis Leihkampffisch so macht. Die Antwort (oben) entnehmen...
by fuzzy (26.02.24, 12:04)
Abt. Schuss des Tages
by fuzzy (26.02.24, 12:02)
Abt. infamous Shooting
Foto: Fonzi Tromboni Gestern abend war grosses Fotoshooting im Studio zu Sankt...
by fuzzy (26.02.24, 11:55)
Abt. Keintunnel CH
Mehr Infos hier: https://www.umverkehr.ch/referendum
by bagger (23.09.23, 11:32)