Abt. Outsourcing


Ueberlegt Euch doch auch mal ob es sich nicht besser irgendwo im Osten arbeiten lässt!

In Prag schreibt sichs billiger

»Die «Süddeutsche Zeitung» hat eine Auslagerung der Online-Redaktion nach Tschechien geplant

VON MICHAEL SOUKUP/SOZ

Journalismus ist kein Beruf, sondern eine Berufung, heisst es oft. Dafür nimmt man ein deutlich tieferes Gehalt in Kauf. Dafür muss man wiederum nicht fürchten, dass die eigene Stelle ins billigere Ausland abwandert. Schliesslich sind solche Jobs in der Region tief verankert. Das könnte sich ändern. Die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) hat sich lange überlegt, ihre Online-Redaktion nach Prag auszulagern. Imagegründe und Qualitätsprobleme haben wohl zu einer Denkpause geführt. Trotzdem: Der Tabubruch ist begangen worden.

(Rest des Artikels als Comment!)


Abt. Outsourcing, Part 2

«Spiegel Online» hat diese Pläne im September publik gemacht, worauf sich der Münchner Verlag gezwungen sah, vehement zu dementieren: «Es hat solche Überlegungen gegeben, doch sie wurden gleich wieder ad acta gelegt.» Merkwürdigerweise fand die Meldung fast kein Echo.

Recherchen der SonntagsZeitung haben ergeben, dass es sich nicht nur um «Überlegungen», sondern schon um fortgeschrittene Pläne handelte. Dies ist insofern brisant, als die SZ die grösste deutsche überregionale Abonnement-Tageszeitung und das Leitmedium schlechthin ist. Was die SZ tut, hat Signalwirkung für die ganze Branche.

Im März tauchte im nicht öffentlich zugänglichen Internetforum des «Vereins der Freunde der deutschen und tschechischen Kultur» erstmals eine Stellenanzeige auf. Sie liegt der SonntagsZeitung vor. Darin sucht eine Agentur im Auftrag eines «renommierten Medienkonzerns im deutschsprachigen Raum für seinen führenden News-Provider Nachrichtenred akteure/innen am Standort Prag/ Tschechien». «Deutsche Muttersprache» und «die Herausforderung, etwas aufzubauen, bedeutet Ihnen mehr als ein geregelter Acht-Stunden-Tag», wurden unter anderem als Voraussetzung genannt. Auftrageber war der Süd deutsche Verlag. Dies bestätigte ein Verlagsprecher.

Bezahlt werden ortsübliche Löhne

Die wichtigste Arbeitsbedingung wurde freilich im Inserat weggelassen: Angestellt wird man bei der «sueddeutsche.de» zu ortsüblichen Löhnen. Und die sind im Vergleich zu Deutschland nicht einmal halb so hoch. Auch geografisch macht Prag Sinn. München und Dresden liegen knapp drei Autobahnstunden von Prag entfernt. In der tschechischen Kapitale arbeiten zwischen 30 bis 50 deutsche Journalisten. Sie sind meist gut ausgebildet, sind aber wegen der hohen Arbeitslosigkeit im deutschen Journalismus ausgewandert. «In Prag beträgt das Durchschnittseinkommen eines Journalisten zwischen 30 000 und 35 000 Kronen», sagt Uwe Müller, Chefredaktor des deutschsprachi gen Wochentitels «Prager Zeitung», auf Anfrage. Das sind umgerechnet 1700 bis 2000 Franken. Laut dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) betragen die Löhne mindestens 3700 Franken für Einsteiger und bis zu 6700 Franken für erfahrene Tageszeitungsredaktoren. Beim «führenden Internetportal unter den überregionalen Tageszeitungen» werden die Saläre eher über diesen Löhnen liegen.

Nach der ersten Bewerbungsrunde lud die «sueddeutsche.de» Ende August Kandidaten nach München ein und prüfte sie während einer Woche auf Herz und Nieren. 10 Redaktoren hätten angestellt werden sollen. Im September aber wurden die Auslagerungspläne abgeblasen. Seit dem rätselt die Prager Journalistenzunft über die Beweggründe. Eine Theorie besagt, dass die liberalkritische SZ aus Imagegründen das Outsourcing auf Eis legte. Eine zweite, dass die Qualität der Bewerber nicht genügte. «Die hätte erstklassig sein müssen, die Onlineausgabe ist das weltweite Schaufenster der Süddeutschen», sagte ein Journalist in Prag.

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