Abt. "Ich" ist eine Zwiebel


Heute outet sich Günther Grass in der FAZ: Er, , sei in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs Mitglied der gewesen. Anlass ist das bevorstehende Erscheinen seiner Autobiographie mit dem Titel: "Beim Häuten der Zwiebel". Im Laufe des Interviews sagt er zu diesem Titel:

Ihre Erinnerungen tragen den Titel „Beim Häuten der Zwiebel“. Was hat es mit der Zwiebel auf sich? Grass: Ich mußte eine Form für dieses Buch finden, das war das Schwierigste daran. Es ist ja eine Binsenwahrheit, daß unsere Erinnerungen, unsere Selbstbilder trügerisch sein können und es oft auch sind. Wir beschönigen, dramatisieren, lassen Erlebnisse zur Anekdote zusammenschnurren. Und all das, also auch das Fragwürdige, das alle literarischen Erinnerungen aufweisen, wollte ich schon in der Form durchscheinen und anklingen lassen. Deshalb die Zwiebel. Beim Enthäuten der Zwiebel, also beim Schreiben, wird Haut für Haut, Satz um Satz etwas deutlich und ablesbar, da wird Verschollenes wieder lebendig.
Das Bild vom Ich als Zwiebel. Der Deutsche Grass, ehem. Waffen-SS, dringt mit dem Häuten zu "Verschollenem" vor. Das erinnert mich an das esoterische Gerede vom "Kern", den es in sich zu suchen gelte (Was soll das? Ich bin doch kein Pfirsich!). Das erinnert mich auch an was Vilém Flusser mir sagte im Interview anno '91:
PT: Sie haben gestern, als wir uns unterhalten haben, gesagt, dass jeder anständige Mensch Anarchist sein muss.

VF: Das ist eine Art vom Tod der Politik zu sprechen. An-Archie heisst doch Un-Politik. Jeder anständige Mensch müsste ablehnen, sich mit einem System oder mit ein, zwei Systemen zu identifizieren und er müsste seine Würde darin sehen, zu verschiedenen Gelegenheiten an verschiedenen Systemen vorübergehend mitzuarbeiten. Wissen Sie, wenn Sie das "Ich" als eine Zwiebel ansehen, die aus Relationen besteht und wie Sie die Relationen abschälen, so bleibt da nichts übrig, so - jede dieser Schalen ist dann ein Engagement in einem System. Also, ich bin derjenige, der einen Pullover trägt, aber ich werd mich doch nicht an einem Pullover deshalb engagieren, sondern ich kann den Pullover ja wieder ausziehen. Und das ist Anarchie, meiner Meinung nach. Wenn ich mich engagiere an einem Syndikat für Volksschule, wenn ich ein Kind im Volksschulalter habe, aber sobald das Kind etwas älter wird, so spucke ich auf die ganze Volksschulsache. Ich hab Ihnen gestern gesagt, ich stell mir einen konfuzischen Anarchismus vor. Wissen Sie, eine Anarchie, die auf Kompetenz aufgebaut ist, wo jede Gruppe eine Zusammenkunft von verschiedenen Kompetenzen ist. Immer wieder geh ich auf das Schachspiel zurück, weil das so einfach ist. Es muss ein Schachclub geben, wo es Leute gibt, die kompetent für Schachspielen sind. Und in den Schachclub geh ich, wenn ich Schach spielen will. Wenn ich nicht schachspielen will, werd ich doch nicht, so wie Dichter Körner, aus glühender Vaterlandsliebe im Feld sterben für das Schach, sondern ich werd mich einfach für das Schach nicht mehr interessieren. Wissen Sie, ich glaube, Patriotismus ist die grösste Schweinerei. Ich komme grad aus Israel und ich bin ein Jud.

Damit kann ich etwas anfangen. Mit Grass' "Zwiebel häuten" nicht.


ist doch

das zwiebelmotiv ist doch ein uralter hut. schon good old hermann hesse - liebling aller pubertierenden leseratten, sogar in der gröbsten alcopopepoche - hat diese zwiebel schon in einem seiner romane verbraten. weiss leider grad nicht in welchem. gibt es da nicht ein motive-lexikon? germanisten vor!

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Danke fürs Flusser-Inti!

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Darf man ...

... die beiden s in Grass jetzt als Runen schreiben wie bei Kiss? Und warum hab ich den Schriftsatz nicht? Ah, darf man gar nicht.

Ich erinnere mich übrigens daran, dass der uns allen bekannte Outdoor-Literat Berti Friedman vor vielen Jahren vom Zwiebelschalen-Prinzip geschrieben hat, nach dem man sich kleiden soll, wenn man bei diesen Temperaturen nicht frieren will. Das Entkleiden dürfte demnach dem entsprechen, was der Herr Gra im übertragenen Sinne erlebt, wenn er sich zu seiner Nazivergangenheit schält.

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Das Zwiebel ...

...schalenprinzip ist lustigerweise eine militärische erfindung. zwar nicht die der waffen ss. aber trotzdem...

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