Schweizer Presserat und Aviatik-Journalist Sepp Moser im Clinch
Nachdem der Schweizer Presserat einen Artikel von
Aviatik-Journalist Sepp Moser im «Tages Anzeiger» auf
Veranlassung der Swiss unter die Lupe genommen hatte, kam er
zum Schluss, dass Autor und Redaktion (vom «Tages Anzeiger»)
verpflichtet gewesen wären, die Swiss vor der Publikation
anzuhören, da im Text selbst ohne die redaktionellen Zusätze
schwere Vorwürfe gegen die Fluggesellschaft erhoben wurden.
Noch vor der Veröffentlichung der Stellungnahme des
Presserats schickte Sepp Moser verschiedenen Schweizer
Redaktionen sowie dem Presserat seine Gegendarstellung. Darin
macht Moser deutlich, dass er mit der Swiss gesprochen habe.
Nicht mit der Medienstelle, jedoch mit einem anonym gebliebenen
Kadermann aus der Swiss-Finanzabteilung. Der Presserat hat
auf die Gegendarstellung von Sepp Moser reagiert und wissen
lassen, dass man an Darstellung des Sachverhalts und dessen
Bewertung als Verletzung der Richtlinie 3.8 zur «Erklärung
der Pflichte und Rechte der Journalistinnen und Journalisten»
(Anhörungspflicht) festhalte. Auf Anfrage des Klein Report
erklärte Moser:
«Darauf [die Gegendarstellung] hat nun der Presserat plötzlich
seine Argumentation geändert. Er wirft mir jetzt nicht mehr
vor, die Swiss nicht angehört zu haben (obwohl es so im Urteil
steht), sondern nur noch, die Medienabteilung der Swiss nicht
konsultiert zu haben. Das ist aus zwei Gründen interessant.
Erstens formell: Wie kommt der Presserat dazu, mittels eines
Briefes nachträglich die Interpretation eines zuvor erlassenen
Urteils zu ändern? Hätte er den Artikel richtig gelesen, hätte
sich der Fehler vermeiden lassen. Zweitens sachlich: Es ist
interessant und müsste eigentlich Anlass zu einer
grundsätzlichen Debatte sein, dass der Presserat einem
Journalisten vorschreiben will, durch wen er seine Artikel
autorisieren lassen müsse. Das ist ja wie in Turkmenistan: Dort
muss man seine Artikel auch durch das Propagandaministerium
autorisieren lassen. Der Artikel wurde durch einen massgebenden
Manager der Swiss autorisiert; er ist sachlich korrekt, und
dass dies so ist, hat ja auch die zwischenzeitliche Entwicklung
gezeigt.»
Der Klein Report legte die Antwort Mosers dem Schweizer
Presserat vor. Martin Künzi, Sekretär des Schweizer Presserates
antwortete: «Unter formellen Gesichtspunkten ist darauf
hinzuweisen, dass die `Gegendarstellung` von Sepp Moser nicht
an den Presserat selber, sondern vielmehr an neun Redaktionen
gerichtet war. Der Presserat hat lediglich Mosers Kopie
erhalten und diese per E-Mail beantwortet sowie die
adressierten Redaktionen darüber informiert. Materiell hält der
Presserat an seiner Stellungnahme 25/2005 und der darin in
Bezug auf den `Tages-Anzeiger` und Sepp Moser festgestellten
Verletzung der Anhörungspflicht vollumfänglich fest.» Mehr zur
Thematik kann auch auf der Website des Presserates nachgelesen
werden: http://www.presserat.ch/21820.htm
Presserat heisst Swiss-Beschwerde gegen «Tages Anzeiger» und
Sepp Moser gut
Der «Tages-Anzeiger» hat in einem im August 2004
veröffentlichten Beitrag den nicht belegten Eindruck erweckt,
Swiss habe sich damals bei einzelnen Treibstofflieferanten im
Zahlungsrückstand befunden. Die Redaktion des «Tages-Anzeigers»
und der Autor des Beitrags, Aviatikjournalist Sepp Moser, wären
zudem verpflichtet gewesen, Swiss zu den im Beitrag enthaltenen
schweren Vorwürfen vor der Publikation anzuhören, wie der
Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme
mitteilte.
Der Zürcher «Tages-Anzeiger» veröffentlichte im August 2004
einen Beitrag des Aviatikjournalisten Sepp Moser über die
Fluggesellschaft Swiss und deren Finanzlage. Umstritten war
insbesondere folgende Passage: «Auch bei diversen
Treibstofflieferanten ist Unruhe festzustellen. Konkret geht es
um Zahlungsrückstände. Ein Manager einer grossen Mineralölfirma
sagt: `Angenommen, einer von uns verliert die Nerven und
erklärt, dass er beispielsweise in Hongkong ab morgen nur noch
gegen Bargeld liefern werde. Dann geht diese Nachricht via
Buschtelefon innert weniger Stunden um die Welt und das
Schlamassel ist da.` Bei Shell Schweiz hat man laut dem `Blick`
hingegen `keine Probleme mit der Swiss`.» Die Swiss gelangte
daraufhin mit einer Beschwerde gegen Sepp Moser an den
Presserat. Der vom Presserat zur Stellungnahme eingeladene
«Tages-Anzeiger» wies die Beschwerde als unbegründet zurück.
Die beanstandete Textpassage behaupte entgegen der Auffassung
von Swiss gar nicht, diese befinde sich bei diversen
Treibstofflieferanten im Zahlungsrückstand. Autor Moser wies
zudem darauf hin, dass der Satz, «konkret geht es um
Zahlungsrückstände» nachweislich nicht von ihm stamme, sondern
nachträglich von der Redaktion eingefügt worden sei.
Der Presserat kommt in seinen Erwägungen zum Schluss, aufgrund
der vom «Tages-Anzeiger» veröffentlichten Formulierungen habe
der wahrheitswidrige Eindruck entstehen können, es gehe um
konkrete Zahlungsrückstände. Dagegen erscheine es beim
Originalmanuskript von Sepp Moser als wahrscheinlicher, dass
lediglich von einem theoretisch denkbaren Szenario die Rede
war. Weiter wären Autor und Redaktion verpflichtet gewesen, die
Swiss vor der Publikation anzuhören, da im Text selbst ohne die
redaktionellen Zusätze schwere Vorwürfe gegen die
Fluggesellschaft erhoben wurden. Hingegen trat der Presserat
auf das Begehren der Swiss nicht ein, er möge besondere,
erhöhte journalistische Sorgfaltspflichten für Expertinnen und
Experten postulieren. Er hält dazu fest, die Einhaltung der
berufsethischen Standards genüge auch bei Journalistinnen und
Journalisten, die sich einen Expertenstatus zugelegt haben. Die
Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/21780.htm
Presserat: Keine Pflicht zur Namensnennung
Der Presserat hält in einer Stellungnahme fest, dass die
Berufsethik der Journalistinnen und Journalisten in
Ausnahmefällen die Nennung des Namens einer gerichtlich
verurteilten Person rechtfertige, sich daraus jedoch keine
Pflicht zur Namensnennung ableiten lasse. Im Oktober 2004
berichtete die «Basler Zeitung» mehrmals über eine wegen
fahrlässiger Tötung strafrechtlich verurteilte Gynäkologin. Die
Zeitung verzichtete darauf, den Namen der Ärztin zu nennen,
gegen die eine bedingte Gefängnisstrafe von 18 Monaten sowie
ein Berufsverbot ausgesprochen worden war. Hingegen
veröffentlichte sie die Telefonnummer einer Hotline der
Patientenstelle Basel und des Vereins Kinderwunsch, wo sich
beunruhigte Patientinnen melden konnten. Im Frühjahr 2005
gelangte der Sekretär des Vereins Kinderwunsch mit einer
Beschwerde an den Presserat und machte geltend, die «Basler
Zeitung» wäre verpflichtet gewesen, den Namen der Ärztin zu
nennen. Die Redaktion wies die Beschwerde als unbegründet
zurück.
Der Presserat kommt in seinen am Dienstag veröffentlichten
Erwägungen zum Schluss, dass eine Namensnennung in diesem Fall
zwar aller Voraussicht nach gerechtfertigt gewesen wäre. Denn
es habe starke Indizien gegeben, die auf ein überwiegendes
öffentliches Interesse an einer namentlichen Berichterstattung
hindeuteten. Aus der Berechtigung der Nennung des Namens im
Einzelfall könne jedoch nicht der Umkehrschluss einer Pflicht
zur Namennennung gezogen werden. Selbst wenn der Presserat zum
Schluss käme, der Name der Gynäkologin stelle ein wichtiges
Informationselement dar, könnte die «Basler Zeitung» nicht
gezwungen werden, den Namen abzudrucken. Das öffentliche
Interesse habe nicht darin bestanden, den Namen der Ärztin der
gesamten Leserschaft der Zeitung bekannt zu machen. Vielmehr
habe es genügt, dass interessierte Frauen sich vergewissern
konnten, ob die Verurteilte ihre Ärztin war. Und nachdem das
Basler Sanitätsdepartment anfangs November 2004 alle
Patientinnen der Ärztin schriftlich informierte, sei das
schützenswerte öffentliche Interesse an einer Namensnennung
ohnehin erloschen. Die Stellungnahme im Wortlaut:
http://www.presserat.ch/21790.htm