Abt. Debatte


Vorzeige- und Allzweck-Soziologe Kurt Imhof im letzten Sonntags-Blick:

Und hier sind wir dann beim grössten Fehler, welchen die Mitte- und Linksparteien seit Beginn der Neunzigerjahre ständig machen: Sie vernachlässigen den vollständig gefahrlosen Institutionen-Patriotismus. Das führt dazu, dass das konservative Lager definiert, was Patriotismus angeblich ist, nämlich eine - falsch verstandene - geistige Landesverteidigung. Sobli: Was ist denn das, Institutionen-Patriotismus? Der Stolz auf die SBB, den funktionierenden Service public, auf das hervorragende Bildungssystem, das ausgezeichnete Gesundheitssystem, auf die soliden Sozialversicherungen, aber auch auf die direkte Demokratie, dieses über 150 Jahre gewachsene politische System, das wir als Kunstwerk von Generationen bezeichnen können. All dies müsste Mitte-links dem Rückwärts-Patriotismus der Rechten entgegenhalten. Dass die Linke das kaum tut, halte ich für idiotisch. Sobli: Warum versagt sie auf diesem Gebiet? Die Multikulti-Linke kann Heimat und Herkunft lediglich noch für die Einwanderer dingfest machen, aber nicht für die Schweizer. Die Schweiz wurde für sie schon in den Achtziger- Jahren unmoralisch, politisch unkorrekt. Es ist verrückt, dass eine Volkspartei wie die SP den Volksbegriff verloren hat. Dabei könnte sie mit einem Institutionen-Patriotismus die Schweiz als Projekt anpacken mit dem Ziel, sie zukunftsorientiert und optimistisch weiterzuentwickeln.

Hausi im Vorwärts in seiner Replik:

"Die reaktionäre Welle lässt sich nicht bekämpfen, indem wir an der Konstruktion 'Volk' mitwerkeln. Der Diskurs der Schweizerischen Volkspartei kann nicht besiegt werden, indem man ihn übernimmt. Es ist verrückt, dass ein Professor wie Sie genau das fordert!"

Was will Imhof? Wozu rät er der SP? Zum volksnahen, institutionenpatriotischen, zum nationalen Sozialismus? So ein Schwachsinn! Das ist ja das Fatale, dass auch wer stolz ist auf solche - nur in diesem spezifischen Zusammenhang so zu nennende: - Banalitäten wie SBB, AHV oder direkte Demokratie, nicht vor Rassismus, Engstirnigkeit und Führerglaube gefeit ist. Stolz auf Institutionen: an und für sich schon ein gefährliches, idiotisches Konzept.


oha

demokratie- und sbb-stolz als wurzel von rassismus und führerglaube. so hab ich das noch gar nie ... - aber du hast recht!

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ich lern gerne dazu!

Erklär mir bitte Schritt für Schritt, warum Du oder ich stolz sein sollen auf - bleiben wir dabei - die SBB. Klar find ich ein perfekt funktionierendes Bahnsystem super (ausser dass die GAs viel zu teuer sind; Benzinzollmilliarden für die Bahn!), ebenso wie eine AHV, die die Pensionierten in Würde leben lässt (was sie nicht tut), oder die direkte Demokratie (wenn sie als Rätesystem - alle Macht den Sowjets! - organisiert ist), oder ein Bildungswesen, das allen die gleichen Chancen gibt (Weg mit den Studiengebühren! Hoch mit den Stipendien! Her mit billigem, kollektivem Wohnraum für Menschen in Ausbildung! Höre dazu auch dies), oder ein Gesundheitssystem, das allen die optimale Pflege angedeihen lässt (Her mit der Einheitskasse! Weg mit dem Mehrklassensystem in Spitälern usw.!). Aber wie wende ich die mittlere Zufriedenheit mit dem Funktionieren von Basisinfrastruktur in Stolz? Ich mein's ernst. Jemand möge mir das erklären.

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der stolz

da geb ich dir tatsächlich recht, ist nicht nur das menschlichste, sondern vielleicht sogar das lächerlichste aller gefühle. im stolz auf die sbb die wurzel des nationalismus zu sehen, kollidiert indes mit meiner auffassung, die automobilität im allgemeinen und der autobahnbau im speziellen seien die wurzeln allen übels.

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