patpatpat, 24. Juni 2014 um 23:11:00 MESZ Abt. Ruhe & Ordnung - heute: ist Polizeigeschmackssache Bild: Collage von John Heartfield zu Tucholskys Gedicht: Ruhe und Ordnung Wenn Millionen arbeiten, ohne zu leben,
wenn Mütter den Kindern nur Milchwasser geben –
das ist Ordnung.
Wenn Werkleute rufen: »Laßt uns ans Licht!
Wer Arbeit stiehlt, der muß vors Gericht!«
Das ist Unordnung. Wenn Tuberkulöse zur Drehbank rennen,
wenn dreizehn in einer Stube pennen –
das ist Ordnung.
Wenn einer ausbricht mit Gebrüll,
weil er sein Alter sichern will –
das ist Unordnung. Wenn reiche Erben im schweizer Schnee
jubeln – und sommers am Comer See –
dann herrscht Ruhe.
Wenn Gefahr besteht, dass sich Dinge wandeln,
wenn verboten wird, mit dem Boden zu handeln –
dann herrscht Unordnung. Die Hauptsache ist: Nicht auf Hungernde hören.
Die Hauptsache ist: Nicht das Straßenbild stören.
Nur nicht schrein.
Mit der Zeit wird das schon.
Alles bringt euch die Evolution.
So hats euer Volksvertreter entdeckt.
Seid ihr bis dahin alle verreckt?
So wird man auf euern Gräbern doch lesen:
sie sind immer ruhig und ordentlich gewesen. Theobald Tiger
Die Weltbühne, 13.01.1925, Nr. 2, S. 68, Sommer 2014: Ein paar situationistisch inspirierte Kunststudis und ihre Lehrer_innen nehmen das mit der Kunst, die das Leben verändern soll, ernst. Ihr Programm lautet: Die beschriebene Situation fordert ein radikales Umdenken und adäquate Vorgehensweisen in den Bereichen der Bildung, der Kunst sowie des Sozial- und Gesundheitswesen. Hier erprobt diezelle kreative strategische Handlungsformen. Ziel ist, einen Beitrag zur Schaffung von würdigen und zeitgemässen Lebensformen zu leisten.Daher ihre Idee zur Pappdeckelchoreographie auf dem Messeplatz als reenactment des Polizeiangriffs auf die Favelasituation an der Art 2013. Dass die Polizei diesen künstlerischen "Beitrag zur Schaffung von würdigen und zeitgemässen Lebensformen" unterbindet, entbehrt nicht einer gewissen tragischen Logik. Ironischerweise erfährt die Tatsache, dass es diese gesellschaftlich engagierten Künstler_innen auf dem Platz Basel gibt, damit viel mehr Aufmerksamkeit, als wenn die Aktion gelungen wär und diese ihre Spuren lediglich in einer Abschlussarbeit und / oder auf einer obskuren Website hinterlassen hätte! <a href="www.tageswoche.ch target="_blank“>TaWo: Wann wussten Sie, was geplant war auf dem Messeplatz?Die Quellen, die Lips "nicht offenlegen kann", verrieten das "Dass" und "Was" und "Wo" und "Wann", aber nicht das "Wer"? Lips Quellen taugen offensichtlich nichts. Dass er sich mit diesem Halbwissen zufrieden gab, und nicht hartnäckig genug nach dem "Wer" verlangte, wirft kein gutes Licht auf seine Professionalität. Oder wollte er absichtlich nicht zu viel wissen? Riskierte er absichtlich die Möglichkeit einer Eskalation, so absurd und klein sie im konkreten Fall auch war? Oder sagt er bewusst nicht die Wahrheit und hatte die Kontaktdaten zu "diezelle" eigentlich lange vor dem Freitag bereits auf dem Tisch? Unmöglich ist es nicht. Andererseits steht Lips Aussage in Widerspruch zu dem, was die TaWo am Samstag berichtete davon, was geschah, nachdem Renatus Zürcher den als Harley-Freak "getarnten" Zivilfahnder, der neben dem Schulhof der Schule für Gestaltung auffällig unauffällig herumstand, hatte auffliegen lassen: Als der Zivilipolizist enttarnt war, tauchte gleich der Einsatzleiter der Polizei auf dem Schulhof auf, er warnte Zürcher davor, die Aktion vorzutragen. Eine Ansammlung von Menschen würde nicht geduldet werden, die Polizei habe ein Veranstaltungsverbot erlassen.Ganz offensichtlich war der Polizei, zwar infolge ihrer lausigen Recherchen nicht im Vorfeld, aber spätestens ab dem Moment, Renatus Zürcher als irgendwas wie eine Ansprechperson bekannt. Und wenigstens in Ansätzen war dem Einsatzleiter vermutlich spätestens ab da klar, was die Kunststudis vorhatten. Mindestens Lips, vielleicht auch Dürr, war ab da Zürcher als "verantwortliche Person namentlich bekannt". Aus ihren "Quellen" wussten sie bereits im Vorfeld, was stattfinden sollte, wie Lips der TaWo zu Protokoll gab. Aber das Geplante passte ihnen inhaltlich nicht: Polizeichef Lips: "Wir wollten keine Veranstaltung auf dem Messeplatz, die an die letztjährige Favela-Aktion erinnert."Die Polizeispitze beschloss also aufgrund inhaltlicher Kriterien, diese Veranstaltung zu verbieten und Zuwiderhandelnde sich im Keller des Waaghofs nackt ausziehen zu lassen. Dieser Entscheid muss im Vorfeld gefällt worden sein. Und war der Auslöser für die massive Polizeipräsenz. Ein, gelinde gesagt, bemerkenswerter Vorgang! Steht es diesen Herren tatsächlich zu, eine Kundgebung inhaltlich zu bewerten und ihre Massnahmen nach ihrem Geschmacksurteil über den Inhalt zu richten? Sollten sie sich nicht vielmehr Inhalten gegenüber agnostisch verhalten und streng und ausschliesslich situativ adäquat handeln, unbesehen vom Inhalt des Geschehens, solange sich letzteres im Rahmen des strafrechtlich Unbedenklichen bewegt? Und das tat die Aktion der paar Studis unzweifelhaft zu jedem Zeitpunkt. Dürr sagt: Vor dem Hintergrund der schweren und tragischen Ereignisse des Vorjahres, als mehrere unserer Leute verletzt worden waren, wollten wir für einmal auf der sicheren Seite stehen.Was er nicht sagt: Die Attacken auf die Staatsangestellten, von denen er spricht, geschahen an einer Folge-Demonstration eine Woche NACH der Favelaräumung. Dürr konstruiert damit also einen inneren Zusammenhang zwischen der aufgeheizten Situation an der Demo, die am 21.6.2013 gegen den massiven Polizeieinsatz am Wochenende davor protestierte, und der Pappteller-Aktion letzten Freitag, dem 20.6.2014. Wie kommt man auf sowas? Haben Wortführer im Polizeikorps Rache verlangt für ihre vor einem Jahr verletzten KollegInnen? Oder war Dürr vor einem Jahr intern unter Druck geraten, weil er seine Leute - in deren Augen - von den Medien hat vorführen lassen, und musste jetzt den starken Mann markieren aus "innenpolitischen" Gründen? Niedere Motive allerorten? Ein Ausflug ins Formaljuristische Dürr sagt zur TaWo: Der Willkür-Vorwurf ist falsch. Denn die polizeiliche Generalklausel gibt der Polizei ein weites Handlungsfeld. Die Polizei könnte eine «Zero Tolerance»-Politik verfolgen und alles abwürgen, was auch nur entfernt potentiell gefährlich ist. Sie kann aber auch fast alles zulassen. Entsprechend gross ist die Verantwortung, richtig zu entscheiden. Wir suchen immer erst Gründe, etwas zuzulassen.Zum Glück irrt Dürr, respektive: überdehnt den Gesetzestext absichtlich zu seinen Gunsten, um "liberaler" dazustehen. Was formuliert das baselstädtische Polizeigesetz tatsächlich? Welche Leitplanken setzt es der Polizei? Rechtmässigkeit § 7. Die Kantonspolizei erfüllt ihre Aufgaben unter Beachtung der Gesetzmässigkeit und der Verhältnismässigkeit. 2 Stehen zur Erreichung eines polizeilichen Zwecks mehrere geeignete Massnahmen zur Verfügung, muss diejenige gewählt werden, welche die Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten belastet.Im Zweifel für die Pappdeckel: Was die Polizei aufführte am letzten Freitag lässt sich mit diesen Paragraphen nicht legitimieren, sondern verstösst locker mindestens gegen §7, Abs. 2 und §35 des baselstädtischen Polizeigesetzes. Zur Anrufung der Generalklausel nach §9 als ultima ratio gab es ebenfalls zu keiner Zeit Grund. Es bestand nie eine "unmittelbar drohende Gefährdungen oder eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung"! An einigen Orten auf dieser Welt würde nach so einer Aktion eine Allparteienallianz von ganz links bis ganz rechts im Parlament dem Polizeidirektor gehörig dem Marsch blasen. Im Wissen darum, dass seine Haltung zentrale demokratische Freiheiten von ihnen allen bedroht. NACHTRAG 25.6. 11:24 Allen, die bis hier hinunter durchgehalten haben, insbesondere auch den Herren Dürr und Lips, empfehlen wir zur Lektüre den Artikel "Die polizeiliche Generalklausel in der Schweiz" (backup: die-polizeiliche-generalklausel-in-der-schweiz (application/pdf, 135 KB) ) von Andreas Zünd (Dr. iur., Bundesrichter, Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts) und Christoph Errass (D Dr. iur., Advokat, Gerichtsschreiber an der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts) zwecks Vertiefung der Thematik... Dort erfahren sie unter anderem: Die polizeiliche Generalklausel kommt nur dann zur Anwendung, wenn vorliegt:Nichts von polizeilicher Wahlfreiheit zwischen "Zero Tolerance" und "Laissez Faire", Herr Dürr! Die "Generalklausel" ist kein Freibrief für polizeiliche Willkür!
gnom, 25.06.14, 15:30
Gut gebrüllt ...
... Löwe! Das Lob gebührt auch ein bisschen mir, weil ich tatsächlich durchgehalten habe. Überlege mir unterdessen die Anschaffung eines Teleprompters zum angenehmeren Lesen Deiner Texte. ;) ... Link ... Comment Read more infamous news! |
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Sperrfrist: 02.09.24, 09:53
Motto: "Journalism is printing what someone else does not want printed. Everything else is public relations." @infamyblog folgen Youre not logged in ... Login
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Abt. Keintunnel
Nicht
vergessen, die Auto-Nerds wollen Milliarden in den Autobahnbau verlochen. Das ist sowas...
by bagger (02.09.24, 09:53)
Abt. Witz des Tages "Es
soll sogar prominente Klimakleber geben, die Flugreisen nicht grundsätzlich ablehnen,...
by bagger (15.06.24, 18:30)
Abt. Wohnschutz schützen Wenn die
Investoren husten, haben Basels Bürgerliche Grippe In einem beispiellosen Akt...
by bagger (15.06.24, 10:21)
Abt. Leckerschlecker The DEA
Northeast Laboratory (New York, New York) recently received a submission of...
by fuzzy (26.02.24, 12:06)
Abt. Wo-Wo-Wochenschau!
Männiglich fragte sich, was eigentlich Fonzis Leihkampffisch so macht. Die Antwort (oben) entnehmen...
by fuzzy (26.02.24, 12:04)
Abt. infamous Shooting
Foto: Fonzi Tromboni Gestern abend war grosses Fotoshooting im Studio zu Sankt...
by fuzzy (26.02.24, 11:55)
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