Abt. Happy Birthday - heute: Rahmenvertrag Erlenmatt


Heute, 20.12., vor 10 Jahren unterschrieb Barbara Schneider, damals Baudirektorin, für den Kanton Basel-Stadt den Vertrag mit der Immobiliengesellschaft der Deutschen Bahn und der Vivico Real Estate. Der bis heute vom Kanton unter Verschluss gehaltene so genannte «Städtebauliche Rahmenvertrag» spurte die Entwicklung auf dem Erlenmatt-Areal vor. Eine Schnitzeljagd durch die letzten zehn Jahre entlang der wechselvollen Geschichte des 2003 erstmals auf 2009 angekündigten Konsumtempels auf Baufeld A. Darin kommen in tragenden Rollen unter anderem vor: geschätzte 400 Millionen Franken, Bricks Immobilien VR-Präsident Daniel Fluri und ein Schulhaus ohne Grund und Boden.

Seit dem Rahmenvertrag von 2002 ist in nur gut einem Kilometer Distanz zum «Stücki Shopping Center» dieses weitere Einkaufszentrum vorgesehen. Im Ratschlag «Projekt Erlenmatt» der Regierung, aus dem Jahr 2003, steht: «Bis 2009 sollte dann das neue Einkaufszentrum (Urban Entertainment Center) im Baufeld A an der Ecke Erlenstrasse / Schwarzwaldallee in Betrieb genommen werden.» Dazu hätte 2007 mit dem Bau begonnen werden sollen, wurde aber bekanntlich nicht. Stattdessen verkündet am 4. Dezember 2007 die Vivico Deutschland, die Eigentümerin des gesamten Erlenmatt-Areals, sie und alle ihre Tochtergesellschaften, auch jene in der Schweiz, seien von der Deutschen Bahn für 1,6 Milliarden Franken an die österreichische Immobilien-Investmentgesellschaft «CA Immo» verkauft worden. Damit war die Deutsche Bahn in Sachen Erlenmatt weg vom Fenster.

Am 28. Dezember 2007 gründen die jetzt österreichische Vivico und die neu dazustossende «Multi Development», auf Einkaufszentren spezialisiert und mit Hauptsitz in Holland, die «Einkaufszentrum Erlenmatt AG». Im Gründungseintrag im Handelsregister steht: «Die Gesellschaft beabsichtigt, nach ihrer Gründung Grundstücke zum Preis von höchstens EUR 32'000'000.– zu übernehmen.» Das sind nach damaligem Kurs gut 50 Millionen Franken. Die Parzelle 3149 für das Einkaufszentrum ist 10’800m2 gross. Das ergibt einen Quadratmeterpreis von knapp 4’700.-, den mutmasslich Multi Development an CA Immo zahlte. Die Zahl klingt plausibel in den Ohren von aussenstehenden Fachleuten, mit denen infamy darüber sprach.

Auch 2008 zieht ins Land. Vivico und «Multi Development» veranstalten einen Architekturwettbewerb für ihr Einkaufszentrum. Während der Zeit werkelt die Regierung am Ratschlag «Erlenmatt Erschliessung Ost und ÖV 1. Etappe», den sie schliesslich im Januar 2009 dem Parlament vorlegt. Darin heisst es, im Einkaufszentrum «Erlenmatt-Galerie» sollen Verkaufsflächen von rund 29'000 m2, ein Hotel im Dreisterne-plus-Bereich mit rund 8'400 m2 und ein Fitnesscenter mit rund 2'500 m2 Nutzfläche realisiert werden. Los gehe es mit dem Bau «ab 2010».

Erlenmatt Galerie Visualisierung

Aber gebaut wird der Konsumtempel auch 2010 erst mal nicht. Sondern die Vivico, Tochtergesellschaft der österreichischen Investmentgesellschaft «CA Immo», verkauft Land an zwei neue Mitspieler. Drei Baufelder mit rund 22’000m2 im Osten des Areals gehen an die Stiftung «Habitat» und vier Baufelder im Westen, mit - laut «CA Immo» - 22’640m2 Fläche, kauft die «Bricks Immobilien AG».

Bricks hiess bis zum Sommer 2009 noch «Vitium AG», lateinisch für, unter anderem, «Fehltritt». Am 21. Juli 2009 verlegten ihre Eigentümer den Sitz der AG nach Allschwil, tauften sie um in «Bricks Immobilien AG» und erhöhten ihr Aktienkapital auf das Zehnfache, auf eine Million Franken. Verwaltungsratspräsident wurde dabei der Immobilientreuhänder Daniel Fluri, damals bei der Vermögensverwaltung «Helvetic Trust» tätig, heute unter anderem bei deren Immobilien-Investment-Ableger «Helvetic Trust Estates». Mit in das Gremium zog bei der Gelegenheit 2009 Pierre Chardonnereau ein, Kadermann beim Nordostschweizer Teil des Baukonzerns Losinger, der seinerseits Teil des französischen Mischkonzerns Bouygues ist. Chardonnereau verliess den Verwaltungsrat von «Bricks Immobilien» wieder am 21. Juni 2012, laut Handelsregister.

In dieser Konstellation wenig überraschend, verkündete Vivico im August 2010, die «Bricks Immobilien» werde zusammen mit Losinger die von ihr übernommenen Baufelder «entwickeln».

Einen Rückschlag erfährt das Projekt «Einkaufszentrum», als im März 2011 bekannt wird, dass ein vorgesehener grosser Mieter abspringt. Die Deutsche Kleiderkette, gedacht als Hauptmieter, übernimmt nun doch nicht die angekündigten 6’000 m2. Coop hingegen steht weiterhin bei Fuss und lässt in der BaZ ausrichten: «Wir sind nach wie vor von der Erlenmatt-Galerie überzeugt.» Aus der deutschen Zentrale der Muttergesellschaft der Vivico, der CA Immo, heisst es optimistisch, man wolle sich «verstärkt auf Schweizer Mieter» fokussieren. Ziel sei, Mitte 2011 mit dem Bau zu beginnen und 2014 die Eröffnung zu feiern.

Kurz darauf, im Mai 2011, wird die «Einkaufszentrum Erlenmatt AG», 2007 gegründet von Vivico und «Multi Development» als «Djoint Venture», zur «Galerie Erlenmatt AG» umgetauft. Die Vivico-Leute verschwinden aus dem Verwaltungsrat. An ihre Stelle treten Vertreter von «Multi Development». Und Daniel Fluri von «Bricks Immobilien» übernimmt das Verwaltungsratspräsidium.

Im Juni 2011 reicht die kurz zuvor entstandene «Galerie Erlenmatt AG» ihr Baugesuch ein. Gegenüber der basellandschaftlichen Zeitung verkündet der nun auch zum Sprecher des Projektes «Einkaufszentrum» avancierte Daniel Fluri von «Bricks Immobilien», es würde Ende 2011 oder Anfang 2012 mit dem Bau begonnen. Die Eröffnung des, laut der Zeitung, etwa 300 Millionen Franken teuren Konsumtempels verspricht er auf Sommer / Herbst 2014.

Bagger fahren 2011 für das Einkaufszentrum bekanntlich keine auf. Aber am 19. Juli des Jahres wird in Muri bei Bern an der Worbstrasse 46 eine «Bautrag AG» umbenannt in «Vivico Infrastructure AG». Diese Firma übernimmt an dem Tag von der «CA Immo» weitere drei Parzellen auf dem Erlenmatt-Areal. Sie umfassen die Baufelder D und N entlang des Riehenrings, ein grosses Stück am Nordende des Areals und den Boden, auf dem der Kanton eigentlich seit dem Rahmenvertrag von 2002 ein Schulhaus vorsieht. Damit kontrolliert «Bricks Immobilien» alles in allem, direkt oder indirekt, gut 95’000m2 auf dem rund 200’000m2 grossen Erlenmatt-Areal.

Erlenmatt Galerie Visualisierung

Anfang 2012 wird die «Vivico Infrastructure AG» wieder umbenannt. Diesmal in «Bautrag Infrastructure AG». Und Daniel Fluri von «Bricks Immobilien» übernimmt auch hier das Verwaltungsratspräsidium. Die «Bautrag Infrastructure» ist heute eine Tochterfirma der «Bricks Immobilien».

Nach dem Baubeginn für das Einkaufszentrum gefragt, erklärt diese Woche Eva-Katrin Maier, Sprecherin von «Multi Development», man rechne auf Spätsommer 2013 damit, und sehe eine Bauzeit von zwei Jahren vor.

Bei «Bricks Immobilien» ist man zurückhaltender. Daniel Fluri lässt über seine Assistentin aus Muri bei Bern ausrichten, auf Baufeld A (vorgesehen für das Einkaufszentrum) seien noch verschiedene Abklärungen notwendig. Deshalb könne der genaue Zeitpunkt des Baubeginns nicht abschliessend bestimmt werden. Bei Coop, seit Jahren als Mietinteressent für das Einkaufszentrum bekannt, erklärt Noemi Wannenmacher: «Von unserer Seite gibt es im Moment keine neuen Informationen. Das Projekt ist nach wie vor aktuell, die Gespräche laufen.»

Die «Bricks Immobilien» zügelte im Februar 2012 nach Muri, an dieselbe Adresse, wie die «Bautrag»: Worbstrasse 46. Nach dem Grund dafür gefragt, heisst es aus Muri, da die «Bricks Immobilien AG» gesamtschweizerisch tätig sei, sei der Sitz «näher an die Sprachgrenze verlegt» worden. Die Adresse Worbstrasse 46 lässt sich erklären aus der Verbindung von «Bricks Immobilien» mit dem Baukonzern Losinger. Denn an der Adresse befand sich bis 2011 das Bauunternehmen Marazzi, seit 2006 eine Tochterfirma von Losinger.

Im Handelsregistereintrag der «Bautrag» in Muri lesen wir: «Die Gesellschaft beabsichtigt, nach der Gründung die Liegenschaftsparzelle 3117 in Sektion 7 des Grundbuches Basel zum Preis von höchstens CHF 11'000'000.00 zu übernehmen (wie bisher).» Das heisst sehr wahrscheinlich, die neue Bautrag (ex-Vivico) bezahlte gegen 11 Millionen an die ehemaligen Besitzer der Vivico, die österreichische Immobilien-Investmentgesellschaft «CA Immo», für Parzelle 3117. Deren Grösse laut baselstädtischem Grundbuch: 2'500m2. Ergibt einen Quadratmeterpreis von 4'400.-, den die Käufer der Bautrag an die «CA Immo» zahlten.

Wenn jeder der 95’000m2, die Bricks auf der Erlenmatt inzwischen direkt und indirekt kontrolliert, 4'400.- kostete, wären das über den Daumen gepeilt rund 400 Millionen Franken, die die Firma bisher investiert hat in das Areal. [UPDATE 24.1.13: Nicht jeder m2 hat so viel gekostet; drum sind die 400Mio deutlich zu hoch!]

Offen bleibt, warum Daniel Fluri mit der Parzelle 2149 im Jahr 2011 Land kauft, das als Naturschutz- und Naturschonzone vorgesehen und im «Städtebaulichen Rahmenvertrag» von 2002 zum Fixpreis von 120.- Franken pro Quadratmeter explizit dem Kanton vorbehalten ist. Und warum erwirbt eine von Daniel Fluris AGs noch 2011 mit der Parzelle 3136 Schulhausland (siehe nächstes Bild), das der Kanton dringend dafür bräuchte? Entsprechende Anfragen bleiben bis dato unbeantwortet.

Erlenmatt

Denn auf die 4'150m2 der Parzelle 3136 will das Erziehungsdepartement ein Schulhaus stellen. Das so genannte Baufeld B5 (identisch mit Parzelle 3136) ist bereits im Bebauungsplan von 2004 dafür vorgesehen. Dort steht unter 2.3.: «Der Baubereich B5 ist für Schulraum und Wohnen bestimmt.» Entstehen soll darauf laut Planungsamt ein Schulhaus mit 12 Klassenzimmern «mit einem erweiterten Raumangebot (u.a. für Sonderpädagogik, Gruppenräume, etc.)». Heute gab das Hochbauamt übrigens bekannt, dass das Projekt «Twix» von «Luca Selva Architekten» aus Basel den Wettbewerb um das Schulhaus gewonnen hat. Den Boden dafür besitzt der Kanton allerdings noch nicht...

Der Grund und Boden für das Schulhaus gehörte einst, vor 10 Jahren, der Vivico. Seit Mitte 2011 ist er Eigentum der «Bautrag Infrastructure AG» (VR-Präsident: Daniel Fluri), eine Tochter der «Bricks Immobilien». Ihr muss ihn der Kanton nun abkaufen. Als Wiederverkäuferin gibt ihn diese aber kaum zum Freundschaftspreis. Die Verhandlungen zwischen Kanton und neuem Grundeigentümer dauern entsprechend an, wie man hört. Und es sieht nicht aus, als ob man sich bald gütlich einigen würde.

Erst gehörte alles Land auf der Erlenmatt der Deutschen Bahn. Dann ihrer «Sachwalterin» Vivico, die ihrerseits 2007 österreichisch wurde. Die Vivico versprach im «Städtebaulichen Rahmenvertrag» anno 2002 grosse Teile zu einem vergleichsweise günstigen Fixpreis dem Kanton. Den Rest verkaufte sie in den Jahren seither scheibchenweise an die Pensionskasse des Bundes, die «Publica» (sie baute unter anderem das «Erlentor» darauf), an die Stiftung Habitat und bis Mitte 2011 auch an die «Bricks Immobilien» und ihre verschiedene Töchter und Beteiligungen. Um Parzelle 2149 im nördlichen «Spickel» des Areals (Nordende von Baufeld K, vorgesehen als Naturschutz- und schongebiet), um Parzelle 3136 für das Schulhaus und insbesondere auch um die Areale für die von der Regierung bereits 2003 versprochenen grosszügigen öffentlichen Plätze auf Baufeldern M und N muss der Kanton nun hadern mit einem Finanzinvestor.

Auf die Frage, warum denn 2012 sich noch nicht alle Flächen, die für öffentliche Nutzungen im weiteren Sinne vorgesehen sind (Baufelder K, L, M, N und der Schulhausteil von Baufeld B), im Eigentum des Kantons befinden, sondern erst Baufeld L und ein Teil von Baufeld K, erhielt infamy aus dem Bau- und Verkehrsdepartement bis heute, dem 10. Geburtstag des «Städtebaulichen Rahmenvertrags», keine Antwort.

to be continued...


ohohoh

Wow! Welldannmann. Darf man hier schon von Skandal sprechen oder fällt das noch unter z.B. Misswirtschaft oder unter vergebene Chancen?
Wer zahlt denn für so einen Haufen Schotter hunderte Mio CHF?
Als die DB damals 1,6 Mrd EUR für die Vivico löste, gehörte zum Vivico-Immo-Bestand doch sicher mehr als nur die Erlenmatt. Hast Du eine Ahnung, wieviel die damals an den Hacken hatte, resp. mit wieviel CHF die Erlenmatt damals bewertet wurde?

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Ist es schon üble Nachrede ...

... wenn ich mutmasse, dass b.schneider in absehbarer zeit den einen oder anderen verwaltungsratssitz einnehmen könnte?

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d chinese chömme

erlenmatt galerie heisst vielleicht bald wieder neu: Chinatown-Galery
http://www.tageswoche.ch/de/2012_50/basel/492973/shoppingtraeume-fuer-chinesische-touristen.htm

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Warum

sitzt die TaWo dieser absolut hohlen Nullgeschichte auf? Ein Luxuskonsumtempel, drei Mal so gross wie die angehende Investitionsruine Stücki, primär für chinesische Touris? Das taugt ja nicht mal zum Fasnachts- oder Schnitzelbangg-Sujet, so hahnebüchen ist das! Der einzige, der von sowas profitiert, ist dieser Tschudin (nicht verwandt mit nachnamensgleichem infamy-Autor!), weil er irgendeinem Investmentfonds Arbeitsstunden und Spesen aufschreiben kann.

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Bauparzellen

Wenn der Kanton derart grosse Bauparzellen vorsieht, ist der Kreis von möglichen Investoren schon mal sehr klein. Eine alte Weisheit von Projektleitern ist: "Sag mir wie ein Projekt startet und ich sage dir wie es endet."

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