Abt. Mikropolitik - heute: los campesinos basileas


Er ist sympathisch, gewinnend und einnehmend. Er ist clever. Er ist smart. Er ist rhetorisch gewievt. Regierungsrat Hans-Peter Wessels hat seine Aufgabe aus Sicht des Systems gut gemacht heute Abend an der Orientierungsveranstaltung im Felix-Platter Spital über die Zonenplanrevision. Weit über eine Stunde lang präsentierten er und Kantonsbaumeister Schuhmacher und Projektleiter Volman eloquent eine Folie nach der anderen. Wessels und ich, wir haben uns vor weit über 20 Jahren im Bergell kennengelernt im Haus einer gemeinsamen Bekannten. Er studierte damals Biochemie, wenn ich mich recht erinnere. Seither duzen wir uns. Und dann haben wir uns für ewig aus den Augen verloren. Jetzt stehen wir uns wieder gegenüber. Er als Regierungsrat und Baudirektor im Nadelstreifenanzug, der Basel umkrempeln will. Ich als Anwohner eines Familiengartenareals und Vater von zwei Buben, die darauf mit ihrer Mama einen Garten pflegen. Das Gartenareal will der Kanton frei machen für Wohnblöcke und Reiheneinfamilienhäuser. Und Wessels exekutiert den Plan. "Low cost, low energy" sei das Motto, wie Kantonsbaumeister Schuhmacher verkündete. Ich prophezeihe, die Schuhschachteln werden trotzdem nicht weniger als CHF 800'000 kosten pro Stück. Wer kann das bezahlen? Was richtet das an mit der aktuellen Sozialstuktur des Quartiers? Ein Anwesender meinte, er verstehe nicht, warum die Behörden hunderte von Einsprachen und enttäuschte, aufgebrachte FamiliengärtnerInnen in Kauf nehmen nur dafür, dass ein Unterkapitel des Richtplans durchgesetzt werden könne. Darauf wich Wessels aus, für einen minimalen Handlungsspielraum müsse man das Risiko eingehen. Und überhaupt dauere es noch Jahre, bis das Projekt wirklich Gesetz sei. Ich sagte ihm zur Illustration und bildlich gemeint, "Du willst meinen Buben den Garten wegnehmen. Da musst Du aber erst an mir vorbei! Erinnere Dich an die Alte Stadtgärtnerei!" Diese Diskussion um die Familiengärten hat das Zeug zum waschechten sozialen Konflikt mit dem vollen Programm... Wessels will im Zuge der Zonenplanrevision Wohnraum für 20'000 Menschen schaffen (höher bauen, umnutzen usw.), damit die Bevölkerungszahl des Kantons stabil bleibt. Denn aus den vergangenen Jahrzehnten liesse sich ablesen, dass der Wohnraumbedarf stetig steige, erläuterte er. Es geht also um ein Nullsummenspiel. Nicht mehr Leute nach Basel zu locken, ist - zunächst - das Ziel. Sondern es wollten alle immer mehr Raum, weil der Wohlstand stetig steige. Darum muss mehr Fläche her für gleich viel Leute. Damit die wenigstens bleiben. Damit die Steuereinnahmen wenigstens konstant bleiben. Sonst sei das soziale Basel nicht mehr finanzierbar. Worauf ich dachte, weniger Bevölkerung braucht auch weniger soziale Dienstleistungen etc., also einen kleineren Apparat in der Verwaltung. Ist es das, was euch nicht passt? Geht es letztlich darum? Hat die Maschine, die uns verwaltet, Angst davor, schrumpfen zu müssen? Aber weit konnte ich dem halben Gedanken nicht folgen. "Wieviele Quadratmeter bewohnst Du? Sicher mehr, als Deine Eltern", sagt Wessels zu mir. Touché. Aber ist das ein Argument? Ende 2008 lebten in der Stadt Basel 167'763 Menschen. 1970: 212'857 (in meiner Erinnerung war's damals aber trotzdem ruhiger in der Stadt; merkwürdig! Vielleicht sind's die Autos; sie stiegen von 261 Stück / 1'000 EinwohnerInnen 1970 auf 411 Stinkrocheln / 1'000 anno 2008). 45'094 Leute weniger in knapp 40 Jahren. Minus 22% (aber netto plus 26% bei den Abgasschleudern). Lässt sich der Exodus überhaupt stoppen? Wessels will ohne netto Zuwachs Raum für 20'000 Leute mehr. Wohnraum, den ergo die verbleibenden 167'763 auch noch ausfüllen sollen? Haben wir alle so viel Geld zuviel? Eine merkwürdige Logik. Lebt in der Phantasie der Stadtplaner irgendwann jede & jeder alleine in einem 150 m2 Loft? Stadtbaumeister Schuhmacher frohlockte an der Veranstaltung, ein Drittel der Menschen, die in der Erlenmatt wohnten, seien Kantonszuzüger. Und alle Wohnungen, die neu gebaut würden, seien im Nu vermietet. Für jene auf dem Areal des Kinderspitals geplanten Wohneinheiten (um die 100), hätten sich ein Mehrfaches an InteressentInnen gemeldet. Natürlich könne man die aktuelle Durchschnittswohnfläche von 45 m2 pro Person fortschreiben. Das sei aber dann Planwirtschaft. Und die Länder seien inzwischen von der Landkarte verschwunden, befand Schuhmacher. Sein Richtplan ist aber keine "Planwirtschaft"? Egal. Es bleibt noch Zeit. Eine hängige Initative, der langwierige legislative Prozess: Die Suppe wird wohl nicht so heiss gegessen, wie gekocht. Und eskaliert das Thema doch zum offenen Konflikt um Land, dann werden sich die Campesinos Basileas hoffentlich rechtzeitig organisieren (sind sie ja teils schon...). Und jetzt hol ich mir noch ein Bier und versuch mich abzufinden damit, dass ugugu Seligkeit mit drei "e" schreibt...


Du sollst deine freie Zeit auch nicht in einem Garten verbringen und dir dort womöglich noch selbst Gratis-Gemüse ziehen, wozu haben wir schliesslich so schöne und immer mehr Einkaufszentren in dieser Stadt! Und wenn die erst mal alle auch an jedem Sonntag geöffnet sind, hast du auch keine freie Zeit mehr fürs autonome Gärtnern neben dem Shoppen. Dafür bist du ein guter Konsument und setzt deinen Teil um. Merke: Jeder selbstgezogene Salatkopf ist KEIN Beitrag zum BSP!

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Ziemlich freche Pointe auf meine Kosten. Pass bloss auf, sonst kriegst du es mit der CasaNostra zu tun! Als Urheber des Worts Schrebergartenglückseeligkeit bestehe ich aber hartnäckig auf meine Schreibweise.

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@ugugu

Verehrtester!
Nichts stünde mir ferner, als eine Pointe landen zu wollen auf Deine Kosten! Nimm's doch bitte, wenn's geht, als ehrerbietende Verneigung in Deine Richtung.

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ök, ist angekommen, allerdings bestehe ich, wie das bei der casanostra als ehrerbietung so üblich ist, auf einen zehnten aller künftigen schrebergartenerträge.

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Schrebergärten ...

... sind ein Akt wider die Urbanität, eine Ausgeburt der Kleinbürgerlichkeit, des wuchernden Abschottungs-Individualismus. Wenn schon Grünflächen, dann doch besser Parks oder Anlagen, die der gesamten Bevölkerung zur Verfügung stehen und nicht abgeschotteten Kleinnaturreservate für Wurstbrater und Gemüsevergifter. Als wir früher sangen "Brüder zur Sonne zur Freiheit" meinten wir damit nicht den Rückzug hinter die eigenen Bohnenstangen und Kürbisungetüme!

Die Naturmasturbationszellen namens Schrebergärten sind übrigens benannt nach dem deutschen Arzt Moritz Schreber, der als Verfechter der Schwarzen Pädagogik pikanterweise Instrumente zur mechanischen Verhinderung des Masturbierens entwickelte.

Wo sie recht hat, hat sie recht: "Truism" von Jenny Holzer

PS: Wie, um Gottes Willen, kommst du darauf, dass die Verwaltung eines Kantons mit ein paar Tausend weniger Menschen einfacher wird?

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ad supra: jenny holzer wohnt auf dem

land in einem eigenhaus in der Nähe von NY, soviel zum performativen Widerspruch der Künstlerin.
ad patpatpat: also der gedanke vom verwaltungsabbau ist mir grundsäztlich sympathisch, ob sich das mit der Reduktion der Einwohnerzahl bewerkstelligen lässt, bezweifle. Basel ist ja auch ein Leistungszentrum für den Kanton BL, womit das Grundübel aus dem letzten Jahrhundert angesprochen ist: die Teilung in Stadt, die wegen Platzmangel noch die letzten Grünflächen einebnen muss, und Land, das keine Platzprobleme kennt.
ad supra: die kausale Rückführung einer an sich wertungsfreien Nutzungsfläche auf einen Übeltäter (=Mister Schreber?) ist meiner Ansicht nach nicht zulässig. Sonst müsste das in Deutschland mittlerweile im Strassenverkehr eingeführt Erlaubnis zum Rechtsabbiegen bei Rotlicht auch diffamiert werden nur weil es in der früheren DDR erlaubt war und in der BRD nicht. Wobei der/die Kulturbewusste wissen sollte, dass in Italien es ebenfalls eralubt war und ist. Vielleicht auch in Frankreich
To whom may concern: wer keine Familie hat, auch keine jüngere, reichere Frau als Ehefrau hat, der hat sowieso ganz andere Sorgen

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du kannst ...

... dich nennen wie du willst, ich erkenn dich immer!

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Du warst ...

... mal im selben Haus wie Hampe Wessels? Du geile Siech! Seid ihr denn auch Facebook-Freunde?

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gibt es bei facebook

mittlerweile auch einen Schrebergartenanteil oder nur Partyfotos und Urlaubsgrüsse oder etwaige Empfehlungen Obama zu wählen? Oder ist die mittlerweile noch jüngere Generation von facebook überdrüssig? Irgendwann wird sich nämlich auch das einstellen und das sind die jetzt vielleicht 30jährigen alt, wenn sie sich dort noch präsentieren ...

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Also:

@fuzzy: Die Präsenz eines Regierungsmitglieds auf einer Plattform wie facebook ist seinerseits eine reine PR-Massnahme. Hält er es für etwas anderes, hat er das Medium nicht verstanden. Die Verbindung von Dritten auf diesem Weg in die Exekutive hat nichts mit Freundschaft zu tun. Meine Äusserungen auf diesem Kanal folgen rein propagandistischen Ueberlegungen, denn ich kommunziere halböffentlich mit einer Funktion. Wollte ich der Person dahinter etwas mitteilen, tät ich dies auf anderen Wegen.

@supra: Aha, der Salonkommunist bricht wieder durch. Aber warum so gallig & giftig? Natürlich können Freizeitgärten (nennen wir sie neutral mal so) wirken, wie Du unterstellst. Klar hat's da auch Unsympathen. Geschenkt. Was ich beobachte, ist aber - zumindest teilweise - auch etwas anderes. Und das hat mehr zu tun mit Solidarität, Teilen, Kommunikation, Autonomie, Achtsamkeit. Ich sehe da jedenfalls mehr emanzipatorisches Potenzial drin als im grossbürgerlichen "Abschottungs-Individualismus", wie Du das nennst, manifestiert durch die gated communities Dalbe, Gellert, Bruderholz und Riehen.
Klopf doch mal bei Gigi an und sag der Security, Du wollest den Geburtstag Deiner Tochter in ihrem Garten feiern mit dem Dutzend eingeladenen Rackern. Vielleicht könnten Leute wie sie sich ja ein Beispiel nehmen an der PUK: Deren Gelände, eigentlich ein riesiger Park, steht 24/7 offen. Da hat's sogar Hirsche, Schafe & Esel. Ueberhaupt, die PUK: Was für das Felix-Platter Spital geht (Geriatrie zusammenziehen mit BL auf dem Bruderholz und Spitalgelände bewohnbauen), wär wohl die konfliktfreiere Variante gewesen, wenn unbedingt Grünflächen zugepflastert werden müssen. Schuhmacher und Wessels taten aber einigermassen überrascht, als ich ihnen das vorschlug. Als wären sie noch nie auf die naheliegende Idee gekommen. Aber das ist eine andere Geschichte. Natürlich ist es einfacher, Freizeitgärten einzuziehen als Gigi zu enteignen. Ob's richtiger ist, ist eine andere Frage.

Übrigens hab ich nie mit Dir irgendwas gesungen, Du Schuhmacherjünger! Ich war nie in der Partei, der Du mal angehört hast.

P.S. Natürlich ist der Zusammenhang nicht linear zwischen EinwohnerInnenzahl und head count im Verwaltungsapparat. Aber es gibt einen. Und minus 45'000 EinwohnerInnen und - zumindest teilweise - Steuerzahlende ist nicht "ein paar Tausend" weniger. Das ist ein massiver Einbruch. Wie gross war die Verwaltung anno '70 für 212'000 Menschen? Und wie gross ist sie heute für 160'000? Die Frage ist nicht per se eine rechtsbürgerliche. Ich nehm mal an, der Apparat ist sicher nicht kleiner geworden. Eher grösser und mit einem gewandelten / ergänzten Pflichtenheft. Auf diese Entwicklung wäre auch mal eine progressive Antwort gefragt. Strukturkonservatismus und Machthunger der Apparatschiks sind - siehe Zonenplanrevision - keine guten Ratgeber für die Stadtentwicklung.

Und jetzt hab ich anderes zu tun, als rumzugifteln!

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Was hast du denn …

… genommen? Ritalin?

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Nein. Zum Mittagessen

gab's Ruedis dicke Gemüsesuppe. Superfein!

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Und woher ...

... kam das Gemüse? Aha!

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Wohl bekomms!

ich steh auf deiner seite. die schrebergärten sind übrigens heute rund zu 50 prozent von ausländerfamilien genutzt. nichts gegen parks, supra. aber da sollen ja eben keine parks hin, sondern hässliche häuser mit «besserverdienenden». und was habt ihr eigentlich gemeint mit brüder zur sonne zur freiheit. ich zitiere helmut schmidt a: «am ende meiner amtszeit hat jede familie ein auto». dann schon lieber schrebergärten.

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Macht sie platt, die Giftgemüsezellen!

@ patpatpat: Du bis ja nur neidisch, weil ich als Kind bei Oeris und Sachers im Garten spielen durfte und du offenbar nicht.

Und dass die Verwaltung seit den 1960er-Jahren zugenommen hat, liegt vielleicht auch daran, dass die Aufgaben der Öffentlichen Hand sich etwas entwickelt haben: Unter anderem mit Kompostberatern und Ökofuzzys, äh -Predigern, die den Familiengärtnern einbläuen müssen, dass es auch mit einem halben Kilogramm Pestizid pro Tag und Quadratmeter möglich ist, Salat zu ziehen.

@ friedmann: Dass die Mehrheit der FamiliengärtnerInnen keinen Schweizer Pass besitzt (sofern es denn stimmt), ist doch kein Argument für diese kleinbürgerliche Abschottungsmentalität.

Und was ich mit Brüder zur Sonne zur Freiheit meine? Klingt das nach Familiengarten?

Brüder, in eins nun die Hände,
Brüder, das Sterben verlacht.
Ewig der Sklaverei ein Ende,
Heilig die letzte Schlacht!

@ schrebergarten: Nur weil Adolf Hitler die Autobahnen erfunden hat, muss ich diese ja nicht gut finden.

Das mit Jenny Holzer übrigens hab ich nicht verstanden. Muss man im Stadtzentrum wohnen, um etwas über das Weltgeschehen aussagen zu können?

Zu deiner larmoyanten Schlussbemerkung fällt mir – frei nach Karl Kraus - nichts mehr ein.

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ad supra: das heisst, ich zweifle an der Truizität

ihrer "truism": wie war der Spruch schon wieder? "Property creates crime" (glaub ich): sie hat selber Privateigentum erworben und setzt sich damit in Widerspruch zu ihren eigenen Mottos ... Gschäch nüt schlimmers
Und das mit dem Neid ist ein alter Topos, den wahrscheinlich die Psychoanalyse erfunden hat, um Kritiker jedweder couleur zu pathologisieren
übrigens so langsam gehen mir die falschen usernames aus: blabla gibt es schon, blablabla auch ... ich musste jetzt auf blablablabla ausweichen

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xxx

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Sperrfrist: 02.09.24, 09:53

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