Abt. "Don Carlos" am Theater Basel


ODER:

Oper, wie sie auch sein kann

Gestern Abend nun ging sie über die Bühne, die lange erwartete, die befürchtete und auch hier mehrfach vorbesprochene Premiere von Verdis Oper <a href=www.theater-basel.ch target=blank>"Don Carlos" am Theater Basel in der Inszenierung des katalanischen Regisseurs Calixto Bieito. Ich schreibe Regisseur und nicht wie früher hier auf diesem Kanal Regie-Berserker, denn Bieito hat letztlich nichts anderes gemacht, als den Stoff, der zur Zeit der Spanischen Rejes Catolicos mit ihrer "heiligen" Inquisition spielt, inhaltlich adäquat auf die Bühne zu bringen.

Das heisst: natürlich fliesst Blut (wenn auch viel weniger, als Gerüchte dies im Vorfeld besagten). Die Inquisition sorgte damals aber bekanntlich auch dafür, dass es zur Genüge floss.

Natürlich gibt es Anzeichen von Brutalität – die Brutalität des Krieges mit zum Teil nackten Kriegsgefangenen. Zur Zeit von Felipe II in Spanien herrschte nun mal Krieg – brutaler Krieg.

Kurz: Calixto Bieito macht nichts anders, als "Don Carlos" zu inszenieren. Er hat wunderbare, schöne und hässlich-stimmige Bilder erfunden für die Gechichte, die Schiller – und in der musikalischen Umsetzung dann Giuseppe Verdi – uns da erzählt. Ausser ein paar wenige Schöngeister, die aber das Theater mehrheitlich in der Pause bereits verliessen, reagierte das Premierenpublikum beinahe schon euphorisch auf den Abend, der allenfalls musikalisch den einen oder anderen Wunsch offenlässt.

Ihr glaubt mir nicht? Sehet selbst:

Der Regisseur tritt zum Applaus an

Fazit: Auf diese Art und Weise kann die oft so seltsam gekünstelt daherkommende Kunstsparte Oper ihre Daseinsberechtigung bestens unter Beweis stellen. Oder ganz einfach: prädikat sehenswert.


Wem's nicht

passt, der kann ja nach Zürich dem Dügg seine Version anschau'n. Das als Gratistipp an die baselbieter "SDler", die wegen Bieito die BL-Beitragszahlungen ans Theater Basel ein Jahr lang aussetzen wollen.

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Dabei...

...hat gar niemand an ein Kampfhundportrait gebiselt...

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und ein gruss an vanpipe

seit wochen ist übertrieben...ich würde sagen seit 14 tagen.
warum gehe ich nicht hin?
vorbemerkung: weil es erst eine aufführung gab.
und ein premierenabonnement kann ich mir schlicht und ergreifend nicht leisten.
zweitens: weil ich auf der liste der gratis-empfänger der premieren-abonnements nicht figuriere. da weiss supra mehr. das gerücht will wissen, dass jeweils bei der ersten aufführung 80 prozent der anwesenden keinen rappen bezahlen müssen. und dass div. sitze leer bleiben. war z.b. der herr kulturdirektor gestern auf seinem gratissitz? und der herr kultursekretär?

und drittens: ich laufe des nachmittags habe ich sogar zwei zahl-abonnentinnen getroffen, die gestern abend dort waren. sie fanden die nackten chorsänger nicht so knackig wie angekündigt, fanden aber wegen dieser nacktheit das nivooo eher bedenklich. immerhin sei gut gesungen worden. und das wird möglicherweise in der ganzen debatte vergessen.

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war das schlau von delnon?

danke supra für die ultraschnelle besprechung. trotzdem: an die premierenfeier bist du offenbar nicht gegangen, weil das künstlerische personal von bieitos leistung nicht so begeistert war wie du. aber die dürfen ja nicht aufmuxen, sonst riskieren sie die stelle. fast wie bei der inquisition.

ob es schlau war, von delnon, den skandalregisseur bieito für seine erste saison zu engagieren und ihn wirken zu lassen, ohne ihm auf die finger zu klopfen, ist trotz des kräftigen (aber keinesfalls überwältigenden) applauses fraglich. wo die ganze nation über vergewaltigungen im umfeld eines zürcher schulhauses entrüstet ist, ist es eher geschmacklos vergewaltigungen auf der bühne darzustellen.

jetzt wirst du sagen , guter supra, es sei symptomatisch, dass sich ausser dem herrn keller von den schweizer demokraten (bis jetzt) noch kein politiker ärgert. ich habe heute morgen anderes gehört. du wirst es nicht glauben, aber sgibt grossräte/Innen die höchst selten ins theater gehen und die die art und weise des basler don carlo überhaupt nicht lustig finden. wenn es gelegentlich wieder um theatergeld gehe, werde man daran denken. jetzt scheint die lage politisch eingrenzbar, denk herr keller.

was ich auch hörte, war, dass die gesanglichen leistungen gar nicht schlecht gewesen seien. wer auf der holzloge im obersten stock des alten hauses sechsstünder (wagner - die walküre...sicher auch schon gehört) hinter sich gebracht hat, würde an sich auch verdis vierstünder mit drei bis vier guten arien und einem dito chorstück überleben.

WARUM GUTER SUPRA braucht es das gruusige umfeld? autos in opern-inszenierungen hatten wir doch auch schon.

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Aber da kennst du ...

... mich schlecht! Keine Premierenfeier ohne Supra! Und ich habe nicht schlecht gestaunt, wer da alles seiner Begeisterung über die Inszenierung Kund tat.

Aber zur Sache: es war SEHR schlau von Georges Delnon, eben diesen Regisseur zu verpflichten, weil die Basler Oper hat international einen Ruf zu verlieren, einen Ruf, der bis zu hochbegabten jungen Sängerinnen und Sängern dringt, die dann gerne nach Basel kommen, um eine grosse Rolle das erste Mal zu singen. Die war schon immer so. Wernicke war keine Berserker, er war jemand, der es schaffte, Publikum, Sänger und Kritik gleichermassen zu begeistern. Und auch dieser "Don Carlos" hat das Zeug, zum Publikumsrenner zu werden.

Dann muss ich einmal mehr ganz entschieden EINSPRUCH erheben gegen all die, die über die Produktion urteilen, ohne sie erlebt zu haben. Was habe ich im Vorfeld nicht alles an Schreckensbilder-Details gehört (nach dem Motto: "ein Chorsänger hat mir gesagt, dass ..."), Details, die auf der Bühne MITNICHTEN stattfanden. Jetzt hat das Theater die Inszenierung entweder tatsächlich noch etwas arrangiert oder aber es ist pure Hysterie, die zu diesen Gerüchten geführt hatte.

Lieber Holbein, ich muss dir doch nicht sagen, dass die Herren Keller und Konsorten (und auch im Basler Grossen Rat gibt es einige davon) alles, aber nun wirklich alles tun, um das ungeliebte Theater schlecht zu machen. Als es das letzte Mal ums Theatergeld ging, hat der Grosse Rat die Kürzungen der Regierung grossmehrheitlich geschluckt. Das war vor "Don Carlos".

Ich sage dir: Bieito (URTEILE NICHT NUR AUFGRUND DES SCHLUSSBILDES, DAS ICH DA REINGESETZT HABE) hat wunderbare, ja auch schrecklich schöne oder schön schreckliche Bilder gefunden für das, was die Oper wirklich erzählt.

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Nun noch die Presseschau

Jaja. Journalisten wissen eh immer alles besser, lassen sich auch von Tatsachen nicht verwirren und – vor allem haben die Kollegen aus dem Feuilleton nie recht. Trotzdem sollen sie hier zu Worte kommen:

Ein heiss umstrittener Theaterabend, der in seiner Intensität und Drastik noch lange nachwirken wird,
schreibt die "Neue Zürcher Zeitung", die Bieitos Bilderreichtum eine "phantastische Kraft" attestiert. Die "Basler Zeitung" kommt unter dem blödsinnigen Titel "Im Garten der Brüste" zu einem ähnlichen Schluss:
Wer ausharrte bis zum Schluss nach fast vier Stunden - einige Premierenbesucher hatten vorzeitig das Weite gesucht -, sah eine packende, schlüssige, mitunter auch irritierende Aufführung, die das Zeug zum «Succès de scandale» hat. Was kann dem Theater Besseres passieren?
Und als Dritte hier im Bunde nun noch die "Basellandschaftliche Zeitung", die betont:
Basel hat einen neuen "Don Carlos", der dank seiner Qualität Furore machen wird.
Es gibt also doch noch ein paar Journalisten, die den Theaterspielplan nicht in vorauseilender Budget-Panik dem Diktat von populistischen Rechtsaussenpolitikern aus dem schönen (wenn auch manchmal nach faulen Eiern stinkenden) Baselbiet unterwerfen möchten.

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..und hier noch einige stimmen dazu

dem feuilletondienst der sda entnehme ich folgendes zitat:

Calixto Bieito hat am Sonntagabend am Theater Basel Verdis "Don Carlos" zur Premiere gebracht. Er geht dabei buchstäblich über Leichen. Solisten, Chöre und Orchester wurden bejubelt, das Regieteam massiv ausgebuht.....Zum Schluss der Oper hielten sich die Buhs dann in Grenzen, obschon Sperma und Blut auch nach der Pause reichlich fliessen.

und in der badischen zeiung

Es ist, trotz aller Hybris und Degoutanz, eine spannede Auseinandersetzung von Geschichte und Gegenwart.

Interessant übrigens, dass die gleiche Oper auch in freiburg/BRD inszeniert wird. dort finde der eigentliche skandal statt, die unfreiwillige Provokation. es werde erschreckend an einem stück vorbeiinszeniert. meint die "badische"

und was den populistischen baselbieter rechtsaussen-keller betrifft: ich gehe davon aus, dass die kritiken geschrieben wurden, bevor man von der existenz des vorstosses wusste. raffiniert finde ich immerhin, dass keller nicht etwa eine interpellation eingereicht hat, sondern eine motion, die eine politische debatte zum stück gestattet. bei der interpellation kann er einen monolog halten, worau der herr wüthrich etwas vorliest, das ihm der herr ullrich geschrieben hat. dann sagt der herr keller, er sei mit der antwort unzufrieden.

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Mir jedenfalls ...

... macht supras besprechung lust drauf, mir den don carlos anzugucken. und das es, angesichts des voyeuristischen vergewaltigungshypes unklug sei, auf der bühne eine vergewaltigung zu zeigen, ist ja wohl der totale schwachsinn. fordert ja auch keiner, angesichts der 400 verkehrstoten im jahr, keine autounfälle mehr zu zeigen...

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Sachte sachte

Hi supra,

ich habe Deine Theaterkritiken gelesen und ich denke auch man sollte nicht immer alles schlecht reden.

Aber ich finde doch dass Deine Beiträge tendenziös zu euphorisch sind, denn es ist bekanntlich nicht alles Gold was glänzt.

Tatsächlich kann man "Don Carlos" zu recht kritisieren was die Vergewaltigungsszenen betrifft und dass die Leute die den Saal vorzeitig verliessen keine intoleranten Schöngeister sind.

Ein Theater, das jährlich 28 Millionen Franken Subventionen erhält hat einen Auftrag zu erfüllen, nämlich es so vielen wie möglich recht zu machen.

Ausserdem scheinst Du ne kleine Schwäche für die Mavie Hörbiger zu haben (sabber!).

Zwar nörgelst Du zu recht an diesem "Cyrano" rum, wenn es aber um die Roxane geht kannst Du Dich mit Lob kaum noch überbieten.

Ich habe die Mavie Hörbiger auch schon in zwei Theaterstücken in Deutschland gesehen und finde ihre schauspielerischen Leistungen auch gut. Aber mir fällt schon auf dass sie mit anspruchsvolleren Charakter Rollen schnell überfordert wäre.

An Friedman@ Was hat dies für einen Zusammenhang Vergewaltigungsszenen und Autounfälle?

Laut dem schweizerischen Strafgesetz Buch sind Vergewaltigungsszenen in Porno Filmen strengstens verboten.

Also sollte dies auch für das Theater Basel gelten.

Autounfälle passieren halt leider und sind ebenfalls zu verhindern so gut es geht.

Nichts für Ungut and see you!

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Ich hab ...

... mir den Don C. auch angeguckt. Und für einmal geh ich mit Supra 100 Pro einig. Was selten ist. Bei der zweiten Aufführung haben weniger Leute den Saal verlassen als beim Don G. neulich. Alle anderen waren begeistert. Wegen ein paar blutten Füdli und einem simulierten Akt so einen Terz zu machen, ist tendenziös talibanös.

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Theater Basel

Hi Leute,

hier noch eine andere Frage die mich als Nichtbasler beschäftigt.

Das mag zwar arrogant klingen was ich da sage aber ich finde das Gebäude des Theater Basel von der Architektur her ziemlich öde.

Nicht einmal der Volkspalast in Ost-Berlin sieht so hässlich aus.

Was denken denn die Basler dazu?

Und früher stand laut Wikipedia noch so ein schönes Theater Gebäude an selber Stelle.

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Wer sagt denn, ...

... dass der Volkspalast in Berlin hässlich ist?

Und apropos allen recht machen: frage auf der Strasse 10 Leute nach ihren theatralen Vorlieben und du wirst etwa 6 verschiedene Antworten erhalten: 3 x "ist mir doch egal", 2 x "interessiert mich nicht", 2 x "was ist das?", 1 x "zu wenig Operette" 1 x zuvel Operette", 1 x "zu wenig frech", 1 x zuviel Blutti" ...

Also mich kann man mit einem soo entsetzlich anbiedernden und grauenhaft belanglosen Musical-Verschnitt wie "On the Town" masslos verärgern. Und ich bin Steuerzahler von und in Basel-Stadt.

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